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Austauschschülerin auf einer Geburtstagsfeier in Ecuador

Ama la vida – Ecuador!

Erfahrungsbericht von Paulina, Austauschjahr in Ecuador

Ganz Ecuador ist übersät mit Plakaten auf denen dieser farbenfrohe Werbeslogan zu lesen ist. „Liebe das Leben – Ecuador!“. Seit 9 Monaten bin ich als Austauschschülerin von YFU nun schon in diesem südamerikanischen Andenstaat zu Hause. Und ich liebe das Leben in Ecuador!

 

Auf die Idee ein Auslandsjahr zu machen hat mich mein Bruder gebracht. Er ging ein Jahr in Kanada zur Schule und kam begeistert nach Hause. Ich wollte dagegen in ein spanischsprachiges Land, mit überschaubarer Größe und Schulen, die nicht von internationalen Schülern überfüllt sind. Ecuador war dafür perfekt! Es bietet die ganze Vielfalt des Subkontinents in einem vergleichsweisen kleinen Land: Schneebedeckte Vulkane der Andenkordillere, den  Regenwald, die Küste mit endlosen Stränden und die weltberühmten Galapagosinseln.

 

Ein Tag fängt immer dann gut an, wenn es Strom gibt

Angekommen bin ich hier im August letzten Jahres. Ich wohne in dem kleinen Dorf Sosote in der Küstenregion. Ringsherum Kokospalmen und Reisfelder soweit das Auge reicht, dazwischen ein Fluss und aus Palmblättern oder Wellblech gebaute Hütten, die sich rechts und links wie eine Perlenkette entlang der Durchgangsstraße aufreihen. Meist dringt laute Musik aus diesen Hütten, vermischt mit menschlichen Stimmen. Ein Tag fängt immer dann gut an, wenn es Strom gibt. Kein Strom bedeutet nämlich: keine Pumpe und somit auch kein Wasser, absolute Finsternis in meinem fensterlosen Zimmer, kein Internet. Trotzdem gibt es ein leckeres Frühstück: Empanada, Platano mit Rosca und Queso. Danach wird die Wäsche gewaschen - von Hand! Zweimal mit Seife einreiben, dreimal mit mehr oder weniger sauberem Wasser wieder auswaschen, ausdrücken um sie danach unter der heißen Äquatorsonne zum Trocknen aufzuhängen. Dann schnell unter die Dusche, die Schuluniform aufbügeln und raus auf die Straße um einen der Busse anzuhalten, die hier im Fünfminutentakt laut hupend durchs Dorf donnern.

 

Am Eingang der Schule die allmittägliche Kontrolle: Hat der Rock die richtige Länge? Sind die Kniestrümpfe weiß, das Gesicht ungeschminkt und die Fingernägel kurz geschnitten? Dann kann es zum Unterricht gehen ... Um 19 Uhr abends fahre ich nach Schulschluss wieder mit dem Bus zurück in mein Dorf. Nach dem Abendessen trifft sich das ganze Dorf auf der Straße. Überall Menschen die Karten spielen, sich unterhalten oder Salsa tanzen zu laut dröhnender Musik aus Autoradios!

 

Die besonderen Momente

Ich habe hier schon so viel erlebt, dass ich das Gefühl habe schon ewig hier zu sein. Das Schönste ist für mich, zu einer Familie zu gehören, die mich als Tochter aufgenommen hat! Es gab so viele unvergessliche Höhepunkte: der 15. Geburtstag einer Freundin, bei dem ich bei einer Choreografie mittanzen durfte, die Reisen entlang der Küste, in den Regenwald und durch das Hochland Ecuadors zum Äquator. Stolz bin ich, wenn ich mich mit Menschen unterhalte, die nicht bemerken, dass ich Ausländerin bin.

 

Bis ich die Sprache so gut kannte, gab es allerdings auch einige lustige Missverständnisse. Ich habe schon manchen Busfahrer fast verrückt gemacht, weil ich nur Münzen „mit einer Zahl" als Wechselgeld akzeptiert habe. Ich wusste nicht, dass die „one diem" und 10 Cent Münzen denselben Wert haben. Auch habe ich mich anfangs über gebratene Bananen gewundert bis ich den Unterschied zwischen Bananas und Platanos verstanden hatte. Platanos sind die uns bekannten Bananen und Bananas sind Kochbananen, die nur gekocht oder gebraten gegessen werden können.

 

Für mich ist es immer wieder aufs Neue faszinierend, welche eine ansteckende Fröhlichkeit die Ecuadorianer ausstrahlen. Auf vielen „ Fiestas" habe ich Menschen ausgelassen und fröhlich tanzen gesehen, von denen ich wusste, dass sie mit weniger als 10 Dollar am Tag eine große Familie durchbringen müssen.

 

Es lohnt sich!

Heute kann ich sagen, Ecuador ist längst mein zweites Zuhause geworden. „Ein Austauschjahr ist mehr als nur ein Jahr in meinem Leben, es ist wie ein ganzes Leben in einem einzigen Jahr" – dieser Aussage eines Austauschschülers stimme ich voll und ganz zu. Es war die beste Entscheidung meines Lebens. In Ecuador habe ich eine neue Familie und Freunde gefunden. Hier habe ich nicht nur Spanisch gelernt, sondern ganz vieles über mich selbst: Ich habe meine Stärken und Schwächen kennen gelernt, meine Grenzen ausgetestet, das Heimweh überwunden und erlebt dass nach jeder Tiefphase auch wieder schöne Zeiten kommen. Zeiten, die ich niemals so genießen könnte, wenn es die schweren Zeiten davor nicht gegeben hätte oder ich diese nicht durchgestanden hätte. Ich habe gelernt mich an den kleinen Dingen des Lebens zu freuen, denn davon gibt es so unendlich viel. Hier in Ecuador und bald wieder zu Hause in Deutschland! Ama la Vida!

 

Ich möchte alle ermutigen, die neugierig sind auf das Leben „hinter dem Horizont": macht ein Austauschjahr! Es lohnt sich!

Besteigung des Vulkans Chimborazo bis zur Schneegrenze auf 5100 Meter

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Paulina mit ihrer Freundin und einer Indiofrau auf dem Markt in Otavalo

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Paulina auf den Galapagos-Inseln

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An der Äquatorlinie – am Breitengrad Null

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Día de la bandera - Paulina mit der Flaggenträgerin ihrer Schule

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Paulina als Maskentänzerin bei der Feier des 15. Geburtstags einer Freundin

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