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Austauschschülerin mit Freunden in Johannesburg

Ein Jahr in der Regenbogennation

Erfahrungsbericht von Anna-Lena, Austauschjahr in Südafrika

Den Moment, in dem ich mich von meiner Familie am Flughafen München verabschiedete und mit drei weiteren Austauschschülern aus München zur Sicherheitskontrolle ging, werde ich niemals vergessen. Ich kann dieses Gefühl - ein Mix aus Trauer (wegen des Abschieds) und der Freude auf die vor einem liegende Zeit in diesem unglaublichen Land, nicht wirklich beschreiben. Das muss man einfach selbst erleben ...

 

Ich verbringe mein Austauschjahr in Kempton Park in der Nähe von Johannesburg, einer der drei Hauptstädte Südafrikas. Dort lebe ich bei und mit einer afrikaanssprachigen Familie, die aus meiner Gastmutter, meiner vierzehnjährigen Gastschwester, drei etwas verrückten Hunden und einer Katze besteht.

 

Wir verstehen uns alle wirklich super und haben schon einige tolle Sachen zusammen unternommen. Einmal waren wir im botanischen Garten in Pretoria zum Picknicken, ein  Wochenende campten wir irgendwo im Nirgendwo (ich sage nur: Natur und Sonnenuntergang!), verbrachten einen Tag im Wasser-Freizeitpark Sun City und genossen miteinander schon mehrere Braais. Einige werden sich jetzt wahrscheinlich fragen, was denn überhaupt ein Braai ist ... nun, eigentlich ähnelt es dem deutschen Grillen, ist aber doch ein klein wenig anders, denn gegrillt wird hier alles, was das Land zu bieten hat: Rindersteaks, Lammspießchen, aber auch südafrikanische Spezialitäten wie Kudu, Strauß und Springbock. Dazu gibt es verschiedene Salate und natürlich Pap (sieht aus wie Kartoffelbrei, wird aber aus Mais zubereitet). Überhaupt stellt Fleisch - nicht nur beim Grillen - den mit Abstand wichtigsten Bestandteil des südafrikanischen Essens dar. Egal was man isst, es ist eigentlich immer Boerwors (eine Art Bratwurst)  oder Steak dabei. Fleischliebhaber werden die südafrikanische Küche lieben, aber jedem Vegetarier oder Veganer kann ich nur empfehlen, sich entweder kulinarisch anzupassen oder sich ein anderes Reiseland auszusuchen.

 

Aber nicht nur das Essen ist hier anders, sondern auch der Schulalltag. So zum Beispiel sind wir es in Deutschland nicht gewohnt, eine Schuluniform zu tragen oder zum Assembly zu gehen. Dreimal pro Woche versammeln sich dann alle Schüler und Lehrer im Schulhof und es wird über die wichtigsten Ereignisse gesprochen, die in dieser Woche anstehen. Häufig wird dabei die Schulhymne gesungen und gebetet, was für eine sehr familiäre Stimmung sorgt. Auch das Angebot an Schulfächern ist hier anders geregelt als in Deutschland, denn hier hat jeder Schüler nur sieben Fächer zu belegen. Vier davon sind die Pflichtfächer Afrikaans, Mathematik, Englisch und Lebensorientierung (in diesem Fach sollte eigentlich über soziale Themen diskutiert werden, aber seit meiner Ankunft vor zehn Monaten hatten wir erst ein paar mal richtigen Unterricht). Drei weitere Fächer können frei gewählt werden. Ich beispielsweise habe Geografie, Biologie und Kochen gewählt, aber es wird auch Physik, Kunst, Tourismus und vieles mehr angeboten. Da an meiner Highschool nur in Afrikaans unterrichtet wird, war es vor allem anfangs sehr schwer für mich, überhaupt Etwas zu verstehen  ... geschweige denn konkreten Lernstoff!  Aber mit der Zeit gewöhnt man sich daran und inzwischen ist es kein Problem mehr einer Konversation auf Afrikaans zu folgen und auch Afrikaans zu sprechen.

 

Ein weiterer Unterschied zur Schule in Deutschland ist das breite Sport- und Freizeitangebot. So werden an meiner Schule zum Beispiel Chor, Tennis, Athletics, Rugby, Hockey und Cheerleading (wo ich mich versuche) angeboten. Ich würde jedem Austauschschüler wirklich nahelegen, an einem dieser vielseitigen Angebote teilzunehmen, da es zum einen eine Beschäftigung mit hohem Spaßfaktor ist, und man zum anderen viele gleichaltrige Leute mit gleichen/ähnlichen Hobbies kennenlernt. 

 

Wie oben schon erwähnt, wird sowohl in meiner Gastfamilie als auch an meiner Schule grundsätzlich Afrikaans gesprochen. Afrikaans ist eine der elf offiziellen Amtssprachen in Südafrika und stellt eine Mischung aus Niederländisch, Deutsch, Englisch und anderen sprachlichen Einflüssen dar. Aufgrund der teilweisen Nähe zum Deutschen habe ich relativ schnell gelernt, diese Sprache größtenteils zu verstehen. Das weitaus größere Problem für mich war die Aussprache, weshalb es mir auch noch nach drei Monaten recht schwer fiel, einige zusammenhängende Sätze in Afrikaans zu sprechen. Es war nicht einfach die Sprache zu lernen, umso stolzer bin ich jetzt im Nachhinein es doch geschafft zu haben.

 

Und auch der Besuch einer Kirche in Südafrika war eine komplett neue Erfahrung für mich! In Deutschland denkt man bei einem Gottesdienst häufig an einen eher einseitigen, zeremoniellen "Vortrag" nach festen kirchlichen Regeln. Bei einem südafrikanischen Kirchenbesuch hingegen wird gemeinschaftlich über aktuelle Themen diskutiert, gesungen und getanzt. Außerdem trägt der Pastor dort normale Klamotten wie Jeans und Hemd und der Text wird mit Hilfe von Powertpoint-Folien für alle gut leserlich angezeigt. Allgemein kann man sagen, dass die Stimmung in einer südafrikanischen Kirche deutlich lockerer und mitreißender ist, als in deutschen Kirchen ... und damit einfach mehr Spaß macht!

 

Weit weniger erfreulich ist leider die hohe Kriminalität, die trotz aller wunderbaren Erfahrungen, die ich bis jetzt machen durfte, nicht unerwähnt bleiben sollte. Ich selbst bin zwar bislang Gott sei Dank nicht persönlich davon betroffen, aber das Thema ist selbst tagsüber allgegenwärtig: die Häuser sind alle umgeben von hohen Mauern und/oder von elektrisch geladenen Stachelzäunen, und in den nobleren Stadtvierteln sorgen bewaffnete Sicherheitsdienste dafür, dass man keine ungebetenen Gäste bekommt. Außerdem kann man hier nicht, wie in Deutschland üblich, per Bus oder Bahn mal schnell irgendwo hinfahren. Man ist fast immer und überall von der Begleitung bzw. vom Fahrdienst seiner Gastfamilie abhängig, was natürlich sehr einschränkt und vor allem am Anfang des Aufenthalts sehr ungewohnt ist.

 

Abschließend kann ich sagen, dass Südafrika ein faszinierendes und wunderschönes Land ist, und ich mich jederzeit wieder für dieses Auslandsziel entscheiden würde. Wie jedes andere Land hat eben auch Südafrika seine Licht- und Schattenseiten.

 

In den 10 Monaten meines Aufenthaltes hier habe ich viele positive Erfahrungen gemacht, welche ich keinesfalls missen möchte. In den Sommerferien von Anfang Dezember bis Mitte Januar habe ich zuerst mit meiner Gastfamilie  eine Woche lang den Krüger Nationalpark besucht. Danach habe ich an einer achttägigen Tour nach Kapstadt teilgenommen, wo ich auch wieder einige der anderen YFU-Austauschschüler getroffen und persönliche Erlebnisse und Erfahrungen  mit diesen austauschen konnte.

 

Diese zehn Monate sind für mich wie im Flug vergangen, und ich bin dem Bayerischen Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst sehr dankbar, mir dieses Auslandsjahr mit Gewährung des Sonderstipendiums "Botschafter Bayerns" überhaupt ermöglicht zu haben. Ich genieße jeden einzelnen Tag hier und kann mir gar nicht vorstellen, dass mein "Abenteuer Südafrika" schon vorbei ist!

Anna-Lenas Gastfamilie

Anna-Lenas Gastfamilie

Mit Freundinnen am Sportplatz

Mit Freundinnen am Sportplatz

Cheerleading

Cheerleading

Mit Freunden unterwegs

Mit Freunden unterwegs

Anna-Lena unterwegs in Südafrika

Anna-Lena unterwegs in Südafrika

Sombrero ole!

Sombrero ole!

In Mpumalagna

In Mpumalagna

Orientierungswoche

Orientierungswoche