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Schüleraustausch macht schlau

Die Auswirkungen von Schüleraustausch

Forschung und wissenschaftliche Studien

 

Ein Schuljahr im Ausland bringt viele neue Eindrücke und Erfahrungen mit sich. Aber welche Auswirkungen hat dies auf die Persönlichkeit eines jungen Menschen? Wie beeinflusst ein Austauschjahr die späteren schulischen Leistungen und den weiteren Lebensweg?

Auf dieser Seite stellen wir wissenschaftliche Studien vor, die sich mit diesen und weiteren Fragen befassen.

 

Schüleraustausch macht schlau!

Wer ein Schuljahr im Ausland verbringt, erweitert nicht nur seinen Horizont, sondern verbessert auch seine Schulnoten. Dies belegt eine soziologische Studie, an der über 1000 ehemalige Austauschschüler*innen des Deutschen Youth For Understanding Komitee e.V. (YFU) teilnahmen.
Neben den schulischen Leistungen erfasst die Studie auch Aspekte wie persönliche Veränderungen und Einfluss auf die Berufswahl.

 

Die Durchschnittsnote der Befragten, berechnet aus den Hauptfächern Deutsch, Mathematik und erste Fremdsprache, lag vor dem Austauschjahr bei 2,26 und verbesserte sich im Anschluss auf 2,02. Vor allem in Englisch legten die Schüler*innen zu – selbst dann, wenn sie ihr Austauschjahr in einem nicht-englischsprachigen Land verbracht hatten. Gleichzeitig konnten die meisten ihre Leistung in Mathematik halten oder verbessern, sogar wenn sie für ihr Austauschjahr eine Klasse in Deutschland übersprungen hatten. Der Anteil an Einser-Durchschnitten stieg von vorher 27,3 auf nach Rückkehr 42,6 Prozent an.

 

Auch Schüler*innen mit schlechteren Noten profitieren

 

Entgegen verbreiteter Vorurteile profitieren aber nicht nur die ohnehin sehr guten Schüler*innen von einem Austauschjahr: Gerade diejenigen, deren Ausgangsnoten im unteren Bereich lagen, konnten ihre Leistungen deutlich steigern. Vielen Schüler*innen mit der Ausgangsnote 4 gelang sogar der Sprung auf eine 1 oder 2 – vor allem in Englisch, aber auch in Deutsch und dem vermeintlichen Problemfach Mathematik.

 

„Die meisten Austauschschüler erklären sich ihre Leistungssteigerung neben den verbesserten Sprachkenntnissen vor allem durch ein größeres Selbstbewusstsein", so Soziologin Lisbeth Hürter, Autorin der Studie. „Außerdem entwickeln viele einen bewussteren Zugang zu den schulischen Inhalten, sind motivierter und können sich selbst besser einschätzen."

 

„Ehrenrunde" gern in Kauf genommen

 

Etwa drei Viertel aller Befragten haben sich das im Ausland verbrachte Schuljahr in Deutschland anerkennen lassen, ein Viertel hat ein zusätzliches Jahr eingeschoben – entweder freiwillig (60 Prozent) oder aufgrund von Vorgaben der Schulleitung und Gesetzgebung des zuständigen Kultusministeriums (40 Prozent). 95 Prozent der Teilnehmenden, die ein Jahr eingeschoben haben, halten die Entscheidung für ein Austauschjahr auch trotz „Ehrenrunde" für richtig. „Diese große Zustimmung zeigt, dass ein Austauschjahr nie ein ‚verlorenes' Jahr ist", so Knut Möller, bis 2023 Geschäftsführer von YFU. „Im Gegenteil: Die Teilnehmenden profitieren ein Leben lang von den gewonnenen interkulturellen Kompetenzen und persönlichen Erfahrungen."

 

Entscheidung fürs Leben

 

Die Erfahrungen aus dem Austauschjahr sind auch für den weiteren Lebenslauf richtungsweisend: So entscheiden sich ehemalige Austauschschüler*innen besonders oft für weitere Auslandsaufenthalte, beispielsweise während des Studiums. Auch die Auswirkung auf berufliche Entscheidungen wird von den meisten Befragten als sehr hoch eingeschätzt.
Fast alle (97 Prozent) sind auch rückblickend mit ihrem Austauschjahr so zufrieden, dass sie es auch ihren Kindern weiterempfehlen würden.

 

 

Über die Autorin der Studie:


Lisbeth Hürter (26), selbst ehemalige USA-Austauschschülerin, studierte Soziologie an der Universität Konstanz. Ihre Studie „Entfernung schafft Klarheit. Die Auswirkungen eines im Ausland verbrachten Schuljahres auf die schulischen Leistungen und den weiteren Bildungsweg." entstand im Rahmen ihrer Magisterarbeit. Kontakt: lisbeth.huerter@gmail.com

„Students of Four Decades”: Zwei Studien und viele Erkenntnisse

Was bewegt einen jungen Menschen dazu, ein Jahr im Ausland zu verbringen? Wann ist ein Austauschjahr erfolgreich? Wie muss ein Austauschjahr verlaufen, damit Schüler*innen es als Erfolg erleben? Und wie wirkt sich das Austauschjahr auf den späteren Lebensweg der Programmteilnehmenden aus?

 

Diese und andere Fragen haben David Bachner und Ulrich Zeutschel in zwei aufeinander aufbauenden Studien untersucht. Bereits im Jahre 1989 wurden mit finanzieller Unterstützung des German Marshall Fund of the United States über 600 ehemalige Teilnehmende an YFU Austauschprogrammen der 50er bis 80er Jahre in Deutschland und in den USA schriftlich zu ihren Austauscherfahrungen und deren Auswirkungen auf ihren weiteren Lebensweg befragt.

 

Im Jahr 2002 führten die beiden Autoren auf eigene Initiative und mit finanzieller Unterstützung des Deutschen YFU Komitees sowie des Hartwick College, Oneonta, New York, eine kleinere Folgestudie mit 15 Personen der ursprünglichen Befragung durch. Dabei wurden in Gruppen- und Einzelinterviews lebensgeschichtliche Erfahrungen und persönliche Erkenntnisse im Zusammenhang mit der Austauschteilnahme und ihren Wirkungen zusammengetragen und analysiert.

 

 

Ergebnisse

 

Hier einige der wichtigsten Ergebnisse der ursprünglichen Befragungsstudie:

  • Über 90% der Befragten beurteilten ihr Austauschjahr als erfolgreich und gaben an, im Austausch Fähigkeiten erworben zu haben, die ihnen später nützlich waren.
  • Insgesamt 85% gaben an, dass der Austausch bei ihnen ein Umdenken verursacht habe, Menschen eher als Individuen zu begreifen, und sie nun weniger anfällig für Vorurteile seien bzw. Kategorisierungen von Menschen immer hinterfragen würden.
  • Die am häufigsten genannten Motivationen für ein Austauschjahr waren die Absicht, eine neue Sprache zu lernen, Lust auf Abenteuer sowie der Wunsch, unabhängiger zu werden. Einige Befragte gaben an, dass sie mit ihrer Teilnahme z.B. familiären Konflikten, Liebeskummer oder anderen Problemen entfliehen wollten. Personen mit einer solchen „Flucht-Motivation“ bewerteten ihre Austauschteilnahme rückschauend häufiger als andere Befragte als negativ.
  • Schwierigkeiten während des Austauschjahres hatten die Schüler*innen meistens in den Bereichen, in denen sie bereits vorab Probleme befürchtet hatten. Wer also schon vor der Abreise Sorge hatte, unter Heimweh zu leiden, die Landessprache nur schwer zu meistern oder keine Freunde zu finden, berichtete dann besonders häufig, in den betreffenden Bereichen tatsächlich Schwierigkeiten erlebt zu haben.
  • Solche Problemerfahrungen führten jedoch nicht zu einer Abwertung des Austauschjahres, sondern im Gegenteil korrelierte das Erleben bestimmter Schwierigkeiten mit der positiven Bewertung der Austauschteilnahme: In der deutschen Befragungsstichprobe waren dies Heimweh, Einsamkeit bzw. Mangel an Freundschaften, kulturell bedingte Missverständnisse sowie eigene Vorurteile gegenüber US-Amerikaner*innen. Aussagen in den Interviews deuten darauf hin, dass die Bewältigung und Überwindung solcher Schwierigkeiten als starkes Erfolgserlebnis und damit als Gewinn für die persönliche Entwicklung empfunden wurde.
  • Ein wichtiger Aspekt in der Bewertung des Austauschjahres war der Kontakt zu Bewohner*innen des Gastgeberlandes, vor allem zur Gastgeberfamilie. Je mehr Kontakt stattfand und je intensiver und positiver dieser erlebt wurde, desto positiver war die rückschauende Einschätzung des Austauscherlebnisses.
  • Ein weiterer Faktor, der zu nachhaltigen Wirkungen einer Auslandserfahrung beiträgt, ist die Länge des Aufenthaltes. Die US-amerikanische Befragungsstichprobe umfasste neben ehemaligen Jahresschüler*innen auch Teilnehmende am zweimonatigen Sommerprogramm und an vierwöchigen Chor-Reisen.
  • Die Jahresprogrammteilnehmenden erzielten bezüglich einer aus mehreren Items kombinierten Zufriedenheits- und Erfolgskennzahl signifikant höhere Werte als die Teilnehmenden an den beiden kürzeren Programmformaten; Sommerprogrammteilnehmende wiederum bewerteten ihre Erfahrung positiver als Teilnehmende an den Chor-Reisen.
  • In den Interviews berichteten viele ehemalige Austauschteilnehmende, dass sie erst nach dem ersten Halbjahr richtig „angekommen“ seien: Die Anfangszeit ist geprägt von vielen aufregenden Neuerungen, man muss sicher werden in der neuen Sprache, den Kulturschock überwinden und neue Freunde gewinnen. Erst nach etwa einem halben Jahr fühlen sich die Austauschschüler*innen als echter Teil der Umgebung und erleben den Alltag so, wie er sich für ihre einheimischen Altersgenoss*innen darstellt.

 

Schlussfolgerungen


Aus den Ergebnissen der Studie lassen sich eine Reihe von Erkenntnissen zur Gestaltung von Austauschprogrammen ableiten, um deren positive Wirkungspotenziale zu sichern:

  • Da die Teilnahmemotivation eine entscheidende Determinante für den Erfolg darstellt, sind sorgfältige Auswahlverfahren wichtig, um anhand der Motivstruktur zu beurteilen, ob ein*e Bewerber*in den Herausforderungen eines Austauschjahres gewachsen ist.
  • Es ist wichtig, die Schüler*innen intensiv auf die Erfahrung vorzubereiten und ihnen Wege aufzuzeigen, wie sie mit schwierigen Situationen umgehen können, um ihnen so die Angst vor befürchteten Problemen zu nehmen.
  • Die Vorbereitungsseminare, aber auch die Betreuung vor Ort während des Auslandsaufenthaltes, spielen eine wesentliche Rolle bei der Reflexion der Lernerfahrungen und bei der Bewältigung von Eingliederungsproblemen.
  • Der Kontakt zu Bewohner*innen des Gastgeberlandes ist ebenfalls maßgeblich für den Erfolg eines Auslandsaufenthalts verantwortlich, deshalb sind Austauschprogramme mit Familienunterbringung von Vorteil. Durch ihre Gastgeberfamilien erleben die Austauschschüler*innen den Alltag des Gastgeberlandes aus der Binnenperspektive und erhalten leichter Anschluss an andere Personen und Gruppen vor Ort.
  • Längere Programme ermöglichen nachhaltigere Wirkungen als kürzere, insofern bietet ein einjähriger Aufenthalt gegenüber einem Sommer- oder Halbjahresprogramm Vorteile. Erst durch die aktive Teilhabe am Alltag der neuen Umgebung kann es gelingen, die ehemals fremde Kultur wirklich zu „erleben“ und von innen heraus zu verstehen – und dies trägt entscheidend zum Erfolg des Austauschjahres bei.

Die detaillierten Ergebnisse beider Studien sind im Januar 2009 in dem Buch „Students of Four Decades: Participants’ Reflections on the Meaning and Impact of an International Homestay Experience“ veröffentlicht worden – im Waxmann Verlag erschienen (www.waxmann.com).

  

 

Über die Autoren

 

David Bachner war Vorsitzender des International Advisory Council von YFU und Vorstandsmitglied von YFU USA sowie Scholar-in-Residence an der School of International Service der American University in Washington, DC.

 

Ulrich Zeutschel war mit YFU 1970/71 in den USA und arbeitet heute beruflich als Organisationsberater der osb Hamburg. Ehrenamtlich engagiert er sich im Vorstand einer Austauschorganisation.

Auslandserfahrung macht kreativ!

Dass Reisen die Bildung fördert, das wusste schon Goethe – aber fördert es auch die Kreativität? Ja, zumindest wenn die Auslandserfahrung mehr ist als eine Urlaubsreise. Das zumindest behaupten William Maddux von der Business School INSEAD und Adam Galinsky von der Northwestern University in ihrem Artikel im Journal of Personality and Social Psychology.

 

In mehreren Studien haben die beiden den Zusammenhang zwischen Auslandserfahrung und Kreativität untersucht. Ein Test dabei war das so genannte Kerzenproblem von Karl Duncker. Die Proband*innen erhalten eine Schachtel Streichhölzer, ein paar Reißzwecken und eine Kerze. Aufgabe ist es, die Kerze mit Hilfe dieser Utensilien an der Wand zu befestigen. Die Lösung: Man befestigt die Streichholz-Pappe mit den Reißzwecken an der Wand und schon hat man eine Unterlage für die Kerze.

 

Erstaunlicherweise zeigte sich, dass das Problem umso schneller gelöst wurde, je länger ein*e Proband*in im Ausland gelebt hatte. Die Autoren der Studie erklären diesen Zusammenhang mit der Anpassungsleistung im Gastland. Wer einmal gelernt hat, einen anderen Blick für Dinge zu haben, der kann später auch neue Lösungswege erdenken.

 

Als wichtigen Faktor haben Maddux und Galinsky den Grad der Integration und des Spracherwerbs identifiziert. Wer zwar im Ausland lebt, dort aber überwiegend mit den eigenen Landsleuten Zeit verbringt, profitiert weit weniger von der Auslandserfahrung als Menschen, die sich gänzlich auf die neue Kultur einlassen und auch die fremde Sprache lernen.

Ebenfalls entscheidend ist das Alter, in dem die Auslandserfahrung gemacht wird. Grundsätzlich gilt: Jugendliche profitieren mehr von einem Auslandsaufenthalt als Erwachsene, da sie noch anpassungsfähiger sind und es ihnen auch leichter fällt, eine neue Sprache zu lernen.

 

Die während eines Auslandsaufenthalts erworbenen Fähigkeiten sind dafür ein Leben lang nutzbar. Selbst wenn die Erfahrungen schon Jahre zurück liegen, hilft allein die Erinnerung daran, um die Kreativität merklich zu steigern.

 

Quellen:


William W. Maddux, Adam D. Galinsky (2009). Cultural borders and mental barriers: The relationship between living abroad and creativity. Journal of Personality and Social Psychology, 96 (5) 1047-1061

 

Angela Ka-yee Leung, William W. Maddux, Adam D. Galinsky, Chi-yue Chiu (2008). Multicultural experience enhances creativity: The when and how. American Psychologist, 63 (3), 169-181.

 

J. Steward Black, Mark Mendenhall & Gary Oddou (1991). Toward a comprehensive model of international adjustment: An integration of multiple theoretical perspectives. Academy of Management Review, 16 (2), Special International Management Theory Issue, 291-317.

Michael Weichbrodt: Ein leben lang mobil? Langfristige Schüleraustauschprogramme und die spätere Mobilität der Teilnehmenden als Element gesellschaftlicher Transnationalisierung

Ein Austauschjahr zu Schulzeiten verändert, macht selbstständiger und selbstbewusster. Aber wie wirkt es sich in Bezug auf die spätere Mobilität im Leben aus? Mit dieser Frage beschäftigte sich der Geograph Michael Weichbrodt, selbst ehemaliger Austauschschüler, im Rahmen einer Studie der Uni Münster.

 

Für die Datenerhebung per Online-Umfrage arbeitete Michael Weichbrodt mit YFU sowie mit weiteren Austauschorganisationen zusammen – rund 500 ehemalige YFU-Teilnehmende beteiligten sich an der Studie. In 30 qualitativen Leitfadeninterviews ging der Forscher darüber hinaus auf Bedeutungszusammenhänge und Einstellungsänderungen aus Sicht der Befragten ein.

 

Die Forschungsergebnisse bestätigen, dass ehemalige Austauschschüler*innen eher interessiert und in der Lage sind, in fremde Kulturen „einzutauchen“ und auf  intensivere Art Kontakte herzustellen und zu halten. Die Bedeutung des Schüleraustauschs für das weitere Leben wird insgesamt als sehr wichtig eingeschätzt und es wird deutlich, „dass ehemalige Austauschschüler weiterhin sehr mobil sind: fast 80% derjenigen, bei denen der Schüleraustausch mindestens 7 Jahre her ist, waren erneut für längere Zeit […] im Ausland, die Mehrheit sogar mehrfach.“ Dadurch wird auf individueller Ebene die interkulturelle Kompetenz gestärkt, auf gesellschaftlicher Ebene entstehen sogenannte transnationale soziale Praktiken, also „physische Mobilität über Grenzen, Kommunikation mit Menschen in anderen Ländern und transnationale Netzwerke.“

 

Darüber hinaus zeigt die Studie eine hohe Zufriedenheit mit YFU: Die Bewertung der Organisation durch die Teilnehmenden fiel überdurchschnittlich gut aus und auch das ehrenamtliche Engagement nach dem Austauschjahr ist bei unseren ehemaligen Teilnehmenden stärker ausgeprägt.

 

Mehr zu der Arbeit von Herrn Michael Weichbrodt hier.

Anne Wernicke: Deutschlandbilder – Wahrnehmungen und Erfahrungen US-amerikanischer Austauschschüler*innen

Viel wird darüber spekuliert und diskutiert, was Angehörige anderer Nationen über Deutschland denken mögen. Diese Frage stellte sich auch Anne Wernicke, als sie als Teamerin auf einem YFU-Seminar die Reaktionen von Schüler*innen beobachtete, die ihre zu Beginn des Austausches angefertigten 'Deutschlandbilder' zurückerhielten: „Die Reaktionen waren mannigfaltig: von geschockt bis peinlich berührt, von Lachen bis Verschämt-zur-Seite-Schauen war fast jede denkbare Emotion vertreten […]. Die äußeren Deutschlandbilder von vor einem halben Jahr schienen nicht mehr mit den inneren Deutschlandbildern der Jugendlichen übereinzustimmen.“

 

In ihrer Masterarbeit ging Anne Wernicke diesem Thema auf den Grund und arbeitete für die Datengewinnung eng mit YFU zusammen. Methodisch wertete sie dazu einerseits die gemalten oder collagierten Deutschlandbilder aus und führte andererseits offene Leitfadeninterviews mit drei Austauschschüler*innen. Die Gespräche fanden jeweils zu Beginn sowie nach der Hälfte des Austausches statt und thematisierten die Erwartungen und Wahrnehmungen bezüglich ihres Austauschjahres sowie die selbst gestalteten 'Deutschlandbilder'.

 

Die Ergebnisse zeigen, dass die Deutschlandbilder der Austauschschüler*innen keineswegs einheitlich und stereotyp, sondern tatsächlich sehr individuell und mannigfaltig sind. Dabei wurde auch offensichtlich, „dass die Lebenswirklichkeit der ATS – Familie, Gastfamilie, Freundeskreis und Schule – die Hintergründe sämtlicher Einschätzung bezüglich Deutschland und den Deutschen bilden.“ Auch die Vorbereitung von YFU auf das Austauschjahr spielt hierbei eine große Rolle und nimmt Einfluss darauf, welche Bilder von Deutschland entstehen.

 

Die Masterarbeit von Anne Wernicke wurde als Buch beim Verlag AVM - Akademische Verlags­gemeinschaft veröffentlicht.

Schüleraustausch macht Jugendliche selbstbewusster

Kann ein Auslandsaufenthalt das Selbstwertgefühl von jungen Menschen beeinflussen? Dieser Frage gingen Forscher*innen unter der Leitung von Psycholog*innen der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (WWU) in einer aktuellen Studie nach.

 

Sie befragten dazu mehr als 800 im Durchschnitt 16-jährige Schüler*innen, die ein gesamtes Schuljahr im Ausland verbrachten – vor, während, direkt nach dem Aufenthalt sowie ein Jahr später. Als Vergleichsgruppe wurden mehr als 700 Schüler*innen in die Studie aufgenommen, die während der gesamten Zeit in Deutschland blieben. Ein zentrales Ergebnis: Die Austauschschüler*innen sahen sich nach dem Aufenthalt in einem positiveren Licht als vorher. Im Gegensatz dazu beobachteten die Forscher bei den Daheimgebliebenen keine Selbstwertveränderung.

 

Dr. Roos Hutteman vom Institut für Entwicklungspsychologie der Universität Utrecht, ehemalige Mitarbeiterin der WWU, hatte gemeinsam mit Prof. Dr. Mitja Back vom Institut für Psychologie der WWU die Federführung bei der Studie. „Wir sehen, dass sich nicht alle Schüler gleich stark verändern", so Huttemann. „Manche zeigen kaum einen Anstieg des Selbstwertes, während andere über die Zeit des Aufenthaltes viel selbstbewusster werden. Besonders spannend: Vor allem solche Jugendliche, die zuvor ein weniger positives Bild von sich hatten, scheinen zu profitieren."

 

Austauschorganisationen wie YFU stellen immer wieder fest, dass ein Auslandsaufenthalt das Leben der Schüler*innen nachhaltig prägt. „Auch unsere Ergebnisse deuten auf langfristige Veränderungen hin. Wir haben die Schüler nicht nur direkt nach dem Aufenthalt befragt, sondern noch einmal ein Jahr nach der Rückkehr. Der Selbstwertanstieg während des Austauschjahres war auch dann noch sichtbar", erklärt Roos Hutteman. Ein Schüleraustausch hat demzufolge bleibende positive soziale und persönliche Konsequenzen auf die Entwicklung von Jugendlichen, folgern die Forscher*innen.

Prof. Dr. Alexander Thomas: Wirkungen internationaler Jugendarbeit im Kontext beruflicher Bildungswege

Das Projekt „Wirkungen internationaler Jugendarbeit im Kontext beruflicher Bildungswege“ von Prof. Alexander Thomas und seinem Team erforschte bei Jugendlichen Wirkungen

  • auf ihre Mobilität in Bezug auf eine häufigere Teilnahme an internationalen Begegnungsprogrammen,
  • in Bezug auf das Interesse zum Leben, Lernen, Arbeiten im Ausland,
  • auf das Interesse an beruflichen Angeboten im Ausland und an Auslandseinsätzen sowie an Bildungsangeboten mit einer internationalen Thematik,
  • auf Studienentscheidungen, Berufsentscheidungen und die Motivation zur Fort- und Weiterbildung, auf die allgemeine Persönlichkeitsentwicklung.

Ausgewertet wurden 321 online ausgefüllte Fragebögen von ehemaligen Teilnehmenden an internationalen Austausch- und Begegnungsprogrammen, die mindestens 3 Jahre, oftmals aber zeitlich sehr viel länger zurücklagen. Gemessen wurde dabei:

  • Fremdsprachenkompetenz,
  • Mobilität,
  • Offenheit,
  • Interkulturelle Kommunikationskompetenz,
  • Selbstwirksamkeitsüberzeugung,
  • berufliches Empowerment und
  • persönliche Bedeutsamkeit.

 

Zentrale Ergebnisse der Studie

  • Die Auslandserfahrung hat auch für Befragte mit beruflichem Bildungsschwerpunkt eine sehr hohe persönliche Bedeutung im Lebensverlauf;
  • Offenheit gegenüber anderskulturellen Menschen wird durch den Auslandsaufenthalt aus Sicht der Befragten unabhängig von deren Bildungsschwerpunkt eindeutig gefördert;
  • Die Auswirkungen auf Mobilität sind aus Sicht der Befragten geringer als auf die anderen Haltungen/Kompetenzen;
  • Die Auswirkungen hinsichtlich internationaler Mobilität und virtueller Mobilität sind für Befragte aus berufsorientierten Schulen geringer als für Gymnasiast*innen;
  • Die Auswirkungen auf die berufliche Entwicklung (z.B. Vertrauen in berufliche Leistungsfähigkeit, Motivation zur beruflichen Weiterentwicklung ...) werden positiv beurteilt und sind für Befragte aus berufsorientierten Schulen größer als für Gymnasiast*innen;
  • Die wahrgenommen Auswirkungen auf Kompetenzen/Haltungen und persönliche Bedeutsamkeit sind umso stärker, je länger die Maßnahmendauer ist. Das heißt aber nicht, dass Kurzzeitmaßnahmen wirkungslos sind!
Wirkungskompendium Jugendaustausch

Intermundo, der Schweizer Dachverband für Jugendaustausch, fasst in einem Kompendium wichtige wissenschaftliche Forschungsergebnisse verschiedener Autor*innen zur Wirkung von interkulturellem Austausch zusammen. Das gesamte Kompendium aus dem Jahr 2015 steht hier zum Download zur Verfügung.