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Engagiert | Bericht

 

Mit der EUJS nach Auschwitz - Erinnerung an den Holocaust

 

ein Bericht von Lucia Toma

 

 

Als Freiwillige bei YFU hatte ich die Gelegenheit, gemeinsam mit der European Union of Jewish Students (EUJS) an einer Gedenkfahrt nach Auschwitz teilzunehmen, um an den 80. Jahrestag der Befreiung des Lagers zu erinnern. Eingeladen wurden 31 jüdische und nicht-jüdische Teilnehmende aus 16 Ländern, alle mit Engagement in Jugendorganisationen. Das Seminar wurde durch die Europäische Kommission gefördert.

 

Das Seminar startete damit, dass wir unsere Erwartungen an den Ausschwitzbesuch teilten, um uns so emotional auf die bevorstehende intensive Erfahrung vorzubereiten. Einige Teilnehmende hatten direkte Vorfahren, die in dem Konzentrationslager waren, wodurch 80 Jahre sich auf einmal gar nicht mehr so weit angefühlt haben. Dann hatten wir eine Zeitzeugin aus Krakau zu Besuch, die uns ihre Geschichte sehr offen und geduldig erzählte.

Sie überlebte, indem sie sich mit ihrer Mutter in einem Dorf nahe Krakau zog und fortan nach außen hin katholisch lebte.

 

Am darauffolgenden Tag fuhren wir nach Ausschwitz-Birkenau und erhielten eine geführte Tour. Die beiden Camps Ausschwitz 1 und Ausschwitz 2 sind unglaublich groß und man benötigt mehrere Stunden, um alles abzulaufen. Das lässt einen das Ausmaß des Genozids begreifen. Gleichzeitig wurden mit einer Zahl von 1.1 Millionen so viele Menschen dort getötet, dass es wieder sehr schwer zu begreifen und vorzustellen war. 

 

Besonders eindrücklich war für mich der Anblick der Porträtfotografien, die die Wände des Lagers säumen. In den frühen Jahren der Deportationen wurden jüdische Fotografen gezwungen, Bilder der Häftlinge anzufertigen (siehe Bild 2). Ihre Namen und Gesichter sind erhalten geblieben, doch ihre Lebensgeschichten sind verloren.

 

Um dem Vergessen entgegenzuwirken, wurden wir eingeladen, „Zeugen der Zeugen“ zu werden und das Andenken an eine Person, die im Holocaust ums Leben kam, weiterzutragen. Mein „Zeuge“ ist Jettchen Lewy, eine Frau aus Köln, die 1942 im Alter von 85 Jahren in Theresienstadt ermordet wurde.

 

An unserem letzten Tag erkundeten wir das ehemalige jüdische Ghetto sowie das historische jüdische Viertel Krakaus. Es ich wichtig zu wissen, dass vor dem Zweiten Weltkrieg in Polen mit rund 3,3 Millionen Menschen die größte jüdische Gemeinschaft Europas lebte. Deshalb standen die meisten Konzentrationslager in Polen und existierten die Ghettos, wo die jüdische Bevölkerung auf engen Raum in totaler Armut zusammenlebte und zur Arbeit gezwungen wurde. 1942 wurde das Ghetto aufgelöst und die Juden deportiert. 

 

Etwa 1,5 Millionen polnische Jüdinnen und Juden wurden während des Holocaust ermordet. Oskar Schindler gelang es, 1.000 Juden zu retten. Ich habe nach dem Seminar das Museum besucht, das in seiner ehemaligen Fabrik errichtet wurde. Viele von euch haben den Film „Schindler’s Liste“ sicher gesehen, der in Krakaus jüdischem Film gedreht wurde. Allen anderen kann ich ihn nur empfehlen.

 

Zum Abschluss tauschten wir uns mit Freiwilligen des Jewish Community Centers (JCC, siehe Bild 3) aus – einer der aktivsten jüdischen Gemeinden Europas. Sie erzählten uns, dass sie monatliche Treffen von Holocaustüberlebenden organisieren und vielen Ukrainerinnen und Ukrainern seit dem Krieg geholfen haben, da auch dort eine große jüdische Gemeinschaft existiert.

 

EUJS hat Engagierte in Jugendprogrammen zu diesem Seminar eingeladen, damit wir unsere Erkenntnisse weitertragen und insbesondere einen Einfluss auf die junge Generation haben können, für die der Holocaust immer ferner rückt. Die Tagesschau hat letztens über Studien berichtet, nach denen bereits 12% der 18-29 Jährigen noch nie vom Holocaust gehört haben. Als Bildungseinrichtung kann YFU sicherstellen, dass alle Outgoings und Incomings eine besondere Awareness für den Holocaust mitnehmen, die das kollektive Gedächtnis der Deutschen prägt. Dabei sollten wir auch miteinbeziehen, wie der Holocaust in anderen Ländern gesehen wird und wie wir angemessen reagieren können. Ich denke wir alle kennen die YFU Kennenlernstory vom ATS, dem zum Geburtstag eine Hakenkreuztorte gebacken wird. Als Deutsche haben wir eine besondere Verantwortung, zu verdeutlichen, dass der Nationalsozialismus nicht verharmlost werden darf.

 

Außerdem ist mir aufgefallen, dass wir in Deutschland kaum mit jüdischem Leben in Berührung kommen, da bei uns nur eine kleine Minderheit lebt. Insbesondere für USA-ATS könnte es eine Bereicherung sein, auf mehr jüdische Menschen zu treffen und so mehr über diese Kultur zu erfahren. Es war schön, den jüdischen Teilnehmenden so viele Fragen über das heutigen höfische Leben stellen zu können, die sich sehr über unser Interesse freuten und jede Frage gern beantworten. Während des Seminars konnte man richtig spüren, wie die jüdische Kultur sie miteinander verband, insbesondere auch durch gemeinsame Lieder. Gleichzeitig war es eine sehr offene Gruppe und ich habe mich als nicht-jüdische Teilnehmenden zu jedem Zeitpunkt gut inkludiert gefühlt.

 

Was ich aus dieser Reise besonders mitnehme, ist die Erkenntnis, dass jüdisches Leben heute lebendig und voller Hoffnung ist. Gerade angesichts des zunehmenden Antisemitismus sollten wir den Dialog mit der jüdischen Gemeinschaft verstärken und ein Zeichen gegen das Vergessen setzen. EUJS plant in Zukunft mehr solcher Seminare und ich kann jede und jeden nur ermutigen, daran teilzunehmen! Nicht nur wegen des wichtigen Themas, sondern auch, um Engagierte aus anderen Ländern und Organisationen kennenzulernen und mehr über Jugendarbeit auf europäischer Ebene zu erfahren.

 

 

📷: Fran Friedrich

 

 

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Bild 3

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