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Hinter den Kulissen | GaliGrüadGs | Interview

GaliGrüadGs im Januar 

Ein Interview mit Thekla de Carvalho Rodrigues

 

Januar 2024

 

 

Steckbrief 

 

Austausch: 2001/02 mit YFU in Brasilien 

 

YFU-Biographie

  • April 2022 - Dezember 2023: Mitgliederbetreuung
  • Seit Januar 2024: Koordinatorin USA und Germany for you

 

… hat schon bei YFU gemacht:

Sprach- und Kulturlehrerin bei Orientierungs- und Sprachkursen (OSKs), Teamerin einer NBT und Auswahlen 

 

Lieblingslila: Flieder


  

 

Hallo Thekla,

danke, dass du dir heute Zeit für ein Interview nimmst. Nach deinem Austausch 2001/02 in Brasilien warst du unregelmäßig ehrenamtlich aktiv und hast zuletzt 2015 einen Einsatz gehabt – wie hast du 2022 nach acht Jahren zurück zu YFU gefunden?

 

YFU hat mir immer etwas bedeutet, auch wenn ich eine Zeit lang aufgrund beruflicher und privater Entwicklungen nicht präsent war. Trotzdem habe ich den Verein immer in meinem Herzen getragen und als Mitglied unterstützt. Das Austauschjahr hat mich sehr geprägt, hat mir eine Grundlage gegeben, um z.B. meine zwei Auslandssemester in den USA durch die „YFU-Brille“ zu sehen und zu gestalten, und auch aufgrund dessen war YFU nie weg für mich. Nach meiner Elternzeit wollte ich mich weiterentwickeln und einen neuen beruflichen Weg einschlagen. So landete ich schließlich bei YFU – es hat einfach gepasst.

 

 

Welche Aufgaben übernimmst du bei YFU?  

 

Zuletzt habe ich inhaltlich den Mitgliederbereich betreut und den Kontakt zu den Vereinsmitgliedern gehalten. Neben den vielfältigen administrativen Aufgaben konnte ich auch kreativ arbeiten und Projekte begleiten und umsetzen, die sich mit der Frage „Wie können wir die Mitgliedschaft attraktiver gestalten“ auseinandergesetzt haben. Das war eine super Abwechslung zur Mitgliederverwaltung.

 

Seit Januar 2024 bin ich die Koordinatorin der Kurzprogramme USA und Germany for you. In meiner Rolle behalte ich den Überblick und stelle sicher, dass der zweiwöchige Austausch für deutsche und amerikanische Schüler*innen reibungslos verläuft. Beide Programme sind für mich Herzenssache, da sie jungen Menschen, die einen mittleren Schulabschluss oder Berufsbildungsabschluss anstreben, Zugang zu einer Erfahrung ermöglicht, die mich und mein Leben sehr geprägt hat.

 

 

Wie sieht dein typischer Arbeitsalltag aus? Was gefällt dir daran?

 

Meine Kolleg*innen treffen mich meist sehr früh im Büro an. Mein erster Weg führt mich dann zur Siebträgermaschine. Danach heißt es E-Mails lesen, E-Mails beantworten und mich auf den neusten Stand bringen. Ich bin im Kontakt mit vielen verschiedenen Menschen: Teilnehmenden, Eltern, Programmleitungen von YFU USA und unseren Ehrenamtlichen. Dass ich jetzt mehr mit Ehrenamtlichen in Verbindung sein kann, freut mich sehr. Das hatte ich vorher nicht. Dank meiner neuen Position bin ich viel näher an der ehrenamtlichen Basis, und ich bin sehr gespannt auf unsere zukünftige Zusammenarbeit. 

 

Meine Projekte gefallen mir, da wir mit ihnen das Thema Bildungsgerechtigkeit weiter vorantreiben können. Mein Arbeitsalltag begeistert mich, weil ich mich vielfältigen Themen widme und mit vielen verschiedenen Menschen gemeinsam Dinge bewege, die mir am Herzen liegen. Auch die Verwaltung bringt mir Spaß – die Mischung stimmt einfach. Nicht zu vergessen sind natürlich meine Kolleginnen und Kollegen und die offene und herzliche Stimmung im Team. Wir arbeiten hier Hand in Hand und passen aufeinander auf. 

 

 

Demokratie gehört neben Gerechtigkeit und Toleranz zu den Grundprinzipien von YFU – jetzt ist sie gefährdet. Warum ist es dir wichtig, dich für diese einzusetzen?

 

Es ist mir wichtig, aktuell zu bleiben und Verantwortung als Teil einer demokratischen Gesellschaft zu übernehmen. Auch wenn ich mich momentan nicht engagiere, möchte ich sprechfähig bleiben und Umstände nicht einfach hinnehmen. Dazu gehört für mich, dass ich wachsam durchs Leben gehe und mich informiere, was in Deutschland und dem Rest der Welt passiert, damit ich mir meine eigene Meinung bilden kann. Darin sehe ich unsere aller Verantwortung.

 

Dank meiner Austauscherfahrung in Brasilien habe ich unser demokratisches System und die Möglichkeiten, mich als Bürgerin politisch zu beteiligen, viel mehr wertschätzen gelernt. In Brasilien habe ich 2001/02 Menschen getroffen, die wenig Möglichkeiten hatten, sich politisch zu engagieren oder Dinge zu verändern, gleichzeitig aber im Alltag sehr stark von der aktuellen politischen Situation des Landes betroffen waren. Das hat mich oft erst irritiert, und dann habe ich viel nachgefragt, um das zu begreifen. Ich war zu einem Zeitpunkt in Brasilien, als die Demokratie dort noch sehr jung war. Die Zeit der Militärdiktatur lag keine 20 Jahre zurück. Das Land war mitten in einer Währungskrise, der Mittelstand war dabei sich herauszubilden und meine Gasteltern profitierten von dem Wandel bzw. von ihrer harten Arbeit, die es Menschen dort erstmals auch ermöglichte, gesellschaftlich und finanziell aufzusteigen. Je mehr ich über die Geschichte des Landes erfahren habe, desto mehr konnte ich die Menschen verstehen und ein Verständnis für die Situation vor Ort und politische Prozesse und Entscheidungen entwickeln. Diese hautnahe politische Erfahrung hat mich bis heute nicht losgelassen und lässt mich dankbar für unser demokratisches Miteinander zurück. Ich blicke positiv auf andere Länder, die viele tolle engagierte Menschen haben, die sich immer mehr eine Stimme verschaffen und z.B. in Brasilien den Umgang mit Social Media perfekt beherrschen und sich so Sichtbarkeit und Relevanz verschaffen.

 

 

Alle sprechen immer vom einzigartigen YFU-Spirit – wie erlebst du ihn?

 

Zum ersten Mal ist mir der YFU-Spirit auf meiner Vorbereitungstagung in Nienwohld begegnet, wo ich sehr schüchtern und unsicher ankam und dann schnell gemerkt habe, dass auch für jemanden wie mich dort Raum ist. Ich habe noch immer Freundinnen, die ich auf der VBT kennengelernt habe, das ist für mich auch YFU! Heute finde ich den Spirit bei der Arbeit wieder. In der Geschäftsstelle triffst du auf viele offene und herzliche Menschen, die sich für dich interessieren und deine Arbeit wertschätzen. Bei YFU kann ich so sein, wie ich bin, ohne mich verstellen zu müssen. Das ist nicht selbstverständlich für einen Arbeitgeber und einer der Gründe, weshalb ich unfassbar gerne bei YFU arbeite. 

 

 

Was hält dein Licht am Brennen?

 

Ich versuche möglichst viel zu lachen und Dinge, die mir im Leben passieren, mit Humor zu nehmen. Das klappt natürlich nicht immer, aber ich versuche mein Leben nach dieser Devise zu gestalten. Zu wissen, dass ich mich hier für eine gute Sache einsetze, hält mein Licht ebenfalls am Brennen.

 

 

💜 Vielen Dank für das Interview, liebe Thekla!