Die Gastfamilie ist verabschiedet, die Rückreise ist geschafft, das eigene Zimmer wartet – aber irgendwie fühlt sich nichts so an wie vorher. Alles ist vertraut, und doch ist man selbst nicht mehr ganz derselbe Mensch. Was ist passiert in diesem Jahr? Was bleibt – und wie geht es jetzt weiter?
So oder ähnlich erleben viele Austauschschüler*innen die ersten Wochen nach ihrer Rückkehr. Das Zuhause ist noch dasselbe, aber die Perspektive hat sich verändert. Die Nachbereitungstagung (NBT) bei YFU ist genau dafür gemacht: Sie bietet Raum, um die Erfahrungen des Austauschjahres gemeinsam zu reflektieren – und Kraft zu schöpfen für das, was danach kommt.
Zeit zum Ankommen
Aktuell finden insgesamt 15 NBTs für die frisch zurückgekehrten Austauschschüler*innen des Jahrgangs 2024/25 in ganz Deutschland statt. Miriam engagiert sich seit ihrem Austauschjahr 2015/16 in Dänemark ehrenamtlich für YFU, und die NBTs liegen ihr dabei schon lange besonders am Herzen. Sie erklärt, worauf es bei den Seminaren ankommt: „Auf einer Nachbereitungstagung (NBT) erhalten die Teilnehmende Raum, um über ihre Austauscherfahrungen zu sprechen und zu reflektieren, was diese Zeit bei ihnen bewirkt hat. Dabei wird auch klar, dass die Rückkehr nach Hause nicht immer einfach ist und das Herausforderungen dazu gehören. Deswegen versuchen wir die Teilnehmenden zu motivieren ihr eigenes Leben aktiv zu gestalten.“ Auch Reflexion spielt auf der NBT eine wichtige Rolle: „Wir wollen gemeinsam schauen, wie unsere Gesellschaft eigentlich tickt – geprägt von sozialen Ungleichheiten, Diskriminierung und Privilegien. Hier reflektieren die Teilnehmenden, welche Privilegien sie selbst haben und was das für Chancen und Verantwortung mit sich bringt. Zudem machen wir klar, welche Rolle YFU im gesellschaftlichen Geflecht spielt und warum Austausch so wichtig ist – und wie jede*r von uns Teil von YFU sein kann.“
Ehrenamt und Mitgestaltung
Was die NBT bei YFU besonders macht: Sie wird von einem ehrenamtlichen Team organisiert und geleitet – in der Regel selbst ehemalige Austauschschüler*innen, die wissen, wie es sich anfühlt, zwischen zwei Welten zu stehen. Dabei bringen die Teamenden nicht nur methodisches Know-how mit, sondern auch eine große Portion Empathie und Begeisterung. Entsprechend spielt das Thema Ehrenamt und aktive Mitgestaltung auch eine große Rolle auf der NBT: „Zum einen möchten wir die Teilnehmenden motivieren, sich aktiv in die Gestaltung der NBT einzubringen. Dafür versuchen wir, in dem uns möglichen Rahmen auf ihr Feedback und ihre Vorschläge einzugehen“, erläutert Miriam. Doch es geht auch um Mitgestaltung über die NBT hinaus: „Auch die Mitgestaltung in der Gesellschaft ist Teil der NBT: Wir wollen die teilnehmenden Jugendlichen dazu ermutigen, sich in unserer Gesellschaft einzubringen, um eine tolerantere und gerechtere Welt zu schaffen. Ein Weg dafür ist natürlich das Ehrenamt bei YFU. Damit die Teilnehmenden informiert sind, wie sie sich bei YFU engagieren können, gibt es sogar eine eigene YFU-AG, in der genau das Thema ist. Aber auch die Gespräche zwischendrin, zum Beispiel beim Essen oder bei einem Gesellschaftsspiel, bieten die Möglichkeit, über Ehrenamt zu sprechen und darüber, was einen persönlich motiviert.“
Nach vorne schauen
Für Miriam ist es unter anderem auch die eigene Erfahrung nach dem Austauschjahr, die sie für ihr Engagement auf den NBTs motiviert: „Für mich war die Zeit nach meiner Rückkehr nach Deutschland nicht einfach, und ich weiß , wie sich Teilnehmende in dieser Phase fühlen können. Deshalb möchte ich ihnen mitgeben, dass es völlig in Ordnung ist, so zu empfinden. Gleichzeitig ist es wichtig, nach vorne zu schauen und das eigene Leben aktiv zu gestalten – sei es durch persönliche Ziele oder durch Engagement in unserer Gesellschaft. Natürlich würde ich mich freuen, alle wieder bei YFU zu sehen, aber ich weiß auch, dass es viele andere Möglichkeiten gibt, sich in der Gesellschaft zu engagieren und etwas zu bewegen. Das ist mir besonders in Zeiten wie diesen sehr wichtig.“ Miriam hat sich nach ihrer NBT 2016 dazu entschieden, (unter anderem) bei YFU aktiv zu werden – und hat es bis heute nicht bereut: „Als ich frisch aus meinem Austausch zurückkam, war meine größte Motivation, dass auch andere diese Austausch-Erfahrung machen können. Diese Motivation ist bis heute geblieben, aber im Laufe der Zeit sind noch weitere Gründe dazugekommen. Besonders die vielen tollen Menschen, die ich bei YFU kennenlernen durfte, haben min Leben sehr bereichert. Außerdem schätze ich die Möglichkeit, mich ständig weiterzubilden und Themen kennenzulernen, die in meinem Alltag sonst oft keine Rolle spielen würden. Ganz besonders erfüllt mich das Wissen, dass mein Ehrenamt eine Sinnhaftigkeit hat und dass ich junge Menschen ein Stückchen begleiten darf – in ihrer Austausch-Erfahrung und dem, was danach kommt.“
Ein starkes Netzwerk
Am Ende einer NBT gehen viele Rückkehrer*innen mit einem klareren Blick auf das, was war – und mit Ideen für das, was kommen kann. Sie haben neue Freundschaften geschlossen, sind in sich selbst gewachsen – und haben erlebt, dass ihre Erfahrungen wertvoll sind. Gleichzeitig erhalten sie einen Eindruck von der YFU-Community: Einem starken Netzwerk aus motivierten – und motivierenden! – Menschen wie Miriam, die ihre Erfahrungen weitergeben. Wenn man Miriam fragt, was die Teilnehmenden idealerweise von der NBT mit nach Hause nehmen sollen, hat sie eine klare Vorstellung: „Gute Erinnerungen, eine große Portion Motivation, die Zeit nach dem Austausch zu meistern und sich Herausforderungen zu stellen, und vielleicht ja auch die Motivation, sich bei YFU zu engagieren und unsere Gesellschaft aktiv mitzugestalten.“
Selbst aktiv werden
Wer selbst Lust hat, sich bei YFU einzubringen – egal ob auf NBTs, Kennenlerngesprächen oder auch bei Gesprächen mit interessierten Schüler*innen und Familien auf Messen und Co, kann sich jederzeit bei YFU melden: [email protected]. Wir danken allen unseren großartigen Ehrenamtlichen für ihren unermüdlichen Einsatz für YFU – und Miriam noch einmal ganz besonders für ihre Zeit und spannenden Antworten zum Thema NBT. 😊