YFU-Blog
Aktuelles aus Verein und Austauschwelt
Internationaler Jugend- und Schulaustausch trägt zur Verständigung untereinander bei, ermöglicht Freundschaften, Perspektivwechsel, Toleranz und ist eine prägende Bildungserfahrung, die möglichst allen jungen Menschen offenstehen sollte. Für die Austauschprogramme von YFU bedeutet das, dass wir mit umfangreichen Stipendien und passenden Programmformaten möglichst viele Schüler*innen in Deutschland die Chance eröffnen möchten, eine Austauscherfahrung im Ausland zu sammeln. Was aber ist mit der Zeit nach dem Schulabschluss? Während es für Studierende zahlreichend Austauschprogramme mit umfassender Förderung gibt, können Azubis bisher nur selten Austauscherfahrungen sammeln. Warum sich das ändern muss und wie das am besten gelingen könnte, darum ging es unter anderem auf der mehrtägigen Informationsreise „Herz, Hand und Kopf – Internationaler Jugend- und Schüleraustausch als Bildungsstandard“, die vom 17.-20. März insgesamt 15 Bildungspolitiker*innen aus zehn Bundesländern sowie die amtierende Präsidentin der Kultusministerkonferenz, Frau Ministerin Streichert-Clivot, nach Prag geführt hat. Veranstaltet wurde die Reise von YFU in Zusammenarbeit mit der Initiative Austausch macht Schule.
Auf der Informationsreise konnten sich die teilnehmenden Politiker*innen über verschiedene Austauschformate informieren und besprechen, wie internationale Erfahrungen insbesondere für Auszubildende besser zugänglich gemacht werden können. Zum Auftakt wurden sie aber zunächst von Tschechiens Bildungsminister, Dr. Mikuláš Bek, sowie von Christine Streichert-Clivot, Bildungsministerin des Saarlandes und aktuelle Präsidentin der Kultusministerkonferenz, begrüßt. Letztere ging dabei in ihrem Grußwort auf die eigene Herkunft aus einer europäischen Grenzregion ein: „Ich stamme aus einem Grenzgebiet. Daher denke ich: Es sollte selbstverständlich sein, die Sprache der unmittelbaren Nachbarn zu lernen. Dafür muss man bei Schülerinnen und Schülern werben. Als Schule muss man ihnen ein Angebot machen. Und wenn man einen internationalen Austausch anbietet, bekommt man sehr viel von den Schülerinnen und Schülern zurück.“
Am zweiten Tag stand dann konkret das Thema Bildungsgerechtigkeit auf dem Programm. Dafür berichtete unter anderem das Koordinierungszentrum Deutsch-Tschechischer Jugendaustausch Tandem, welches im Auftrag der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechischen Republik den Austausch junger Menschen beider Länder unterstützt und finanziell fördert, über sein Programm für Auszubildende. Im Anschluss stellte Dr. Yulia Kozyrakis, Projektleiterin im Programmbereich Persönlichkeitsbildung der Joachim Herz Stiftung, die verschiedenen Förderprogramme der Stiftung für Azubis vor. Sie freute sich besonders über den konstruktiven Austausch unter den Anwesenden: „Internationaler Dialog und gegenseitiges Verständnis sind angesichts multipler gegenwärtiger Krisen wichtiger denn je. Auch die Berufswelt muss darauf vorbereitet sein. Bisher können aber lediglich 5,3% aller Auszubildenden Lernaufenthalte im Ausland während der Ausbildungszeit absolvieren, im Vergleich zu rund einem Drittel aller Studierenden. Deshalb freute ich mich sehr über den konstruktiven Austausch mit den teilnehmenden Landtagabgeordneten und der KMK-Präsidentin Christine Streichert-Clivot über die Wirkung von Auslandsaufenthalten während der Berufsausbildung. Aus meiner Sicht sollten Auslandsaufenthalte allen Azubis und Schüler*innen als Möglichkeit zur Verfügung stehen.“
Um nachhaltig wirken zu können, müssen Austauschprogramme möglichst vielen jungen Menschen offenstehen – und gleichzeitig qualitativ hochwertige Bildungsarbeit leisten. Darum ging es insbesondere am letzten Tag der Informationsreise, an dem Internationaler Jugend- und Schüleraustausch als Teil der Politischen Bildung und der Erinnerungsarbeit im Mittelpunkt stand. Dafür besuchten die Anwesenden unter anderem die Gedenkstätte Lidice (Památník Lidice) bei Prag, wo sie der Direktor Dr. Eduard Stehlík begrüßte und über das Gelände führte. Es wurde ein emotionaler Vormittag, der zum Nachdenken über das Lernen an Erinnerungsorten bei Austauschbegegnungen anregte und Einblicke in die pädagogische Arbeit mit Kindern, Jugendlichen und Fachkräften eröffnete. Besonders internationale Bildungsarbeit böte dabei viele Chancen, erläutert die Leiterin des Koordinierungszentrums Tandem in Deutschland, Kathrin Freier-Maldoner: „Gerade der internationale Jugendaustausch eröffnet die einzigartige Möglichkeit, Perspektiven zu wechseln, die eng verwobene Geschichte insbesondere von Nachbarländern zusammen zu betrachten und über aktuelle Fragestellungen in einem friedlichen und demokratischen Europa zu sprechen.“ Dieser Aspekt konnte bei der anschließenden Gesprächsrunde über Gedenkstätten- und Erinnerungskultur weiter vertieft werden, bei der Knut Möller (Arbeitskreis gemeinnütziger Jugendaustausch), Rita Stegen (Pädagogisches Institut der Landeshauptstadt München) und die ehemalige YFU-Austauschschülerin Karla Fialov über ihre eigenen Erfahrungen berichteten.
Der Abschied nach drei intensiven Tagen voller konstruktiver Kommunikation war dann sehr herzlich, und die teilnehmenden Politiker*innen konnten ihre Heimreise mit vielen wertvollen Impulsen im Gepäck antreten. Da ist sich auch Jantje Theege sicher, die als stellevertretende YFU-Geschäftsführerin ebenfalls in Prag dabei war: „Wir sagen immer, dass Austausch so wirksam ist, weil unsere Teilnehmenden durch die praktische Erfahrung, die Begegnung mit Menschen und das Erleben einer anderen Kultur ihr Herz öffnen und dass deshalb Bildungsimpulse viel nachhaltiger empfangen, als bei der reinen Übermittlung von Informationen – Herz, Hand und Kopf sind beteiligt. Ich bin davon überzeugt, dass die teilnehmenden Politiker*innen das spätestens nach dieser Informationsreise genauso sehen. Wir freuen uns darauf, jetzt im Nachgang gemeinsam mit ihnen daran weiterzuarbeiten, die Gelingensbedingungen für Austausch ganz konkret in den einzelnen Bundesländern zu verbessern.“
Die Reise nach Prag war bereits die dritte Informationsreise für Bildungspolitiker*innen in Deutschland, die von YFU gemeinsam mit der Initiative Austausch macht Schule im Rahmen der Diskursreihe „Herz, Hand und Kopf – Internationaler Jugend- und Schüleraustausch als Bildungsstandard“ organisiert wurde. Die Reise wurde finanziell gefördert durch die Stiftung Mercator.
Mit dem Projekt möchte YFU-Austauschprogramme auch auf politischer Ebene stärker in der deutschen Bildungslandschaft verankern und so für mehr Jugendliche zugänglich machen. Mehr dazu und zu bisher erreichten Erfolgen kann hier nachgelesen werden: www.austausch-macht-schule.org
Fotos: Jan Hromadko
Programm der Informationsreise „Herz. Hand, Kopf“ Prag 2024 – PDF
Teilnehmende der Informationsreise „Herz. Hand, Kopf“ Prag 2024 – PDF
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"Kein Schulabschluss ohne Angebot zur Teilnahme am internationalen Austausch"