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Gastfamilie mit Austauschschüler

YFU-Blog

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„Ihr habt doch Platz...“ - Ein Erfahrungsbericht

13. Oktober 2023

Wir kamen zu unserer Austauschschülerin, Juliette (18), sprichwörtlich wie die Jungfrau zum Kind. Beim Einkaufen traf ich eine gute Bekannte. Sie erzählte, dass sie als Betreuerin für YFU arbeitet und für ein Mädchen aus der französischen Schweiz dringend eine neue Gastfamilie sucht. „Sie spricht schon gut Deutsch und ist seit einem halben Jahr in Deutschland. Ihr habt doch viel Platz… Wollt ihr nicht für ein halbes Jahr ein Gastkind bei euch aufnehmen?“ 


Mit dieser Frage kam ich vom Einkaufen nach Hause. Meine Töchter (13 und 14) fanden die Idee sofort großartig, meinen Mann konnten wir überzeugen und schon fünf Tage später zog Juliette mit Sack und Pack bei uns ein. Sie konnte die gleiche Schule wie unsere Mädels besuchen, so dass sie dort direkt „Hilfe“ für alle Fragen hatte. 
 
Angst, dass es mit unserem neuen Familienmitglied nicht klappen könnte, hatte ich eigentlich nicht. Ich dachte mir, dass es zwischen der Schweiz und Deutschland sicher nicht zu einem Kulturschock kommt, dass Juliette schon eine Weile in Deutschland ist und ein halbes Jahr wie im Flug vergeht. Mein Mann hingegen, hatte Bedenken, dass es ihm mit vier Frauen im Haus zu viel werden könnte. Aber er hat sich schnell an Juliette gewöhnt und kam gut mit ihr und der neuen Situation zurecht. 


Wir haben ein Weingut und bei uns herrscht immer recht viel Trubel, was Juliette ganz großartig fand. In ihrer ersten Gastfamilie hatte sie das alles nicht und war eher einsam, weshalb sie die Gastfamilie gewechselt hat und zu uns kam. Sie hat sich superschnell eingelebt, ist richtig gehend aufgelebt und hat sich wunderbar in unsere Familie eingefügt. Mit meinem Mann verband sie die Leidenschaft für Fußball, so dass sie auch einige Male mit ins Stadion konnte oder Spiele gemeinsam im Fernsehen geschaut wurden. 


Mit mir konnte Juliette mehrere Weinmessen bereisen, so dass wir zusammen viel von München, Köln und Berlin gesehen haben. Dass Juliette bei den Weinmessen dabei war, war für ihre Deutschkenntnisse natürlich ein großer Gewinn, denn dort war sie quasi gezwungen den ganzen Tag Deutsch zu sprechen. 

 

Leider vergingen die knapp 6 Monate mit ihr wie im Flug. Gegen Ende ihres Aufenthalts waren wir als Familie noch gemeinsam eine Woche in Rom und Venedig. Die Reisen waren schon zuvor geplant, aber wir konnten sie da noch „einbauen“. Die Zeit mit Juliette war wirklich zu kurz und gerade als es auch wettertechnisch richtig schön wurde und wir viel mehr hätte draußen machen können, war ihr Aufenthalt bei uns auch schon vorbei. Für unsere Mädchen war der Abschied natürlich sehr traurig. Sie haben eine Schwester verloren. Juliette gleich zwei.  


Bei uns war immer etwas los, es war immer jemand da, wenn sie nach Hause kam und wir haben immer alle Mahlzeiten gemeinsam eingenommen. Juliette hatte ihren festen Platz am Küchentisch, wo sie schrieb, lernte, las. Im gemeinsamen Bad der drei Mädels wurde unheimlich viel gesungen und gelacht.  


Es war eine schöne Zeit. Natürlich gab es auch Tage, an denen wir dachten, wie gut es sein wird, wenn die Familie wieder kleiner ist, aber das waren nur kurze Momente. Dazu hat alles viel zu gut gepasst und die Zeit verging so schnell. Große Herausforderungen gab es  nicht: Juliette war superglücklich bei uns sein zu können und hat sich voll und ganz eingegliedert. Sie hat ganz schnell die Rolle des Gastes verlassen und war ein Familienmitglied. In den nächsten Ferien besuchen meine Mädels Juliette in der französischen Schweiz, dazwischen schreiben wir Briefe und schicken Audionachrichten. 


Da wir sehr spontan zu einem Gastkind gekommen sind, hatten wir nicht das ganze Procedere davor und dadurch hakte es an der einen oder anderen Stelle etwas mit den Formalitäten, aber auch das hat sich alles gefügt. Ob ich bzw. wir ein Gastkind aufgenommen hätten, mit dem ganzen Papierkram vorweg, wage ich zu bezweifeln. Es war also wirklich eine Fügung, dass es so gekommen ist. 

 

YFU-Gastfamilie Schindler mit Juliette aus der Schweiz

Gastfamilie Schindler mit Juliette aus der Schweiz

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Unzertrennliches Trio: Juliette mit ihren Gastschwestern

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Gemeinsamer Urlaub in Italien

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Gastfamilie mit Austauschschüler