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Austauschschülerin Eva mit Freunden in Rumänien

Irgendwas mit Kommunismus?

Erfahrungsbericht von Alina, Austauschjahr in Rumänien

 

Dracula, korrupte Politiker und irgendwas war da doch mit Kommunismus- das ist oft das einzige, das man aus deutscher Sicht auf den ersten Blick mit Rumänien in Verbindung bringt, und auch ich habe zugegebenermaßen vor meiner Abreise nicht viel mehr über dieses Land gewusst. Aber Rumänien ist so viel mehr als das, und in den letzten Monaten habe ich hier eine zweite Heimat gefunden.

 

Das Grundlegendste – Meine Gastfamilie und die Schule

 

Meine Gastfamilie besteht aus meinen Gasteltern und meinen drei Gastgeschwistern, von denen aber nur meine 18-jährige Gastschwester Anastasia zu Hause lebt, mein älterer Gastbruder Bogdan ist beim Militär und mein jüngerer Gastbruder Cezar lebt mit seinem Vater in Frankreich. Mit meiner Gastschwester, die letztes Jahr ein Austauschjahr in den USA gemacht hat, teile ich mir ein Zimmer und wir unternehmen öfters etwas zusammen wie Kino, Eis essen, Shopping, Billiard etc. Aber auch meine Gastmutter ist super wichtig für mich, ich kann mit ihr über alles reden und sie behandelt mich wie ihre eigene Tochter, so stellt sie mich auch immer Fremden vor. Meine Gastfamilie ist für mich eine zweite Familie geworden und ich weiß jetzt schon, dass ich sie unglaublich vermissen werde wenn ich in einigen Wochen wieder zurück in Deutschland bin.

 

Ich habe einige Zeit gebraucht, um mich an die Schule zu gewöhnen, da sich der Unterrichtsstil doch sehr von Deutschland unterscheidet. Es wird viel mehr Frontalunterricht gemacht und die Eigenverantwortung der Schüler*innen steht nicht so sehr im Vordergrund, wie ich das gewohnt war, aber nachdem ich dem Unterricht besser folgen konnte und die Möglichkeit hatte, auch andere Klassen mit anderen Fächern auszuprobieren, habe ich durchaus auch begeisternde Lehrer erlebt und gehe jetzt auch gerne zur Schule.

 

Sarmale, Papanasi und hausgemachte Schokolade - typisch rumänisches Essen

 

In Deutschland war ich Vegetarierin, als ich nach Rumänien gekommen bin habe ich mir jedoch vorgenommen, Fleisch so viel wie möglich mitzuessen, da ich die Vorstellung hatte, dass in Rumänien sehr viel Fleisch gegessen wird. Tatsächlich ist der Verbrauch an Fleisch pro Person aber vergleichbar mit dem aus Deutschland, und es fällt mir nicht schwer, mich im Alltag vegetarisch zu ernähren, auch wenn die traditionellen Gerichte an Festtagen fast alle Fleisch enthalten, die ich dann auch mitesse. Das rumänische Essen ist generell sehr lecker, das typischste Gericht ist wahrscheinlich Sarmale, kleine Röllchen aus Kohlblättern die mit Fleisch gefüllt sind und die zusammen mit Mamaliga (Polenta) und Smantana (Creme fraiche) gegessen werden. Ich persönlich finde die Süßspeisen am besten, besonders Papanasi (eine Art Quarkbällchen gefüllt mit Marmelade) und hausgemachte Schokolade, die beste Schokolade die ich in meinem Leben gegessen habe, könnte ich eigentlich den ganzen Tag essen.

 

Rumänien hat viel zu bieten

 

Meine Gastfamilie hat mir unglaublich viel von Rumänien gezeigt, wofür ich sehr dankbar bin, denn so konnte ich sehr verschiedene Seiten dieses Landes kennenlernen. Rumänien hat eine wunderschöne Natur, wunderschöne Städte und auch wenn es nicht gerade viele Autobahnen gibt, verfügt Rumänien immerhin über die schönste Straße der Welt, Transfagarasan, eine Passstraße über die Karpaten und auf rumänischem Territorium befinden sich außerdem sieben Weltkulturerbestätten. Die Landschaft ist sehr vielfältig, von Meer über Vorgebirge bis zu den Karpaten gibt es alles und da die Bevölkerungsdichte viel geringer ist als in Deutschland sieht man auch viel mehr wilde Natur. Meine Gastfamilie hat sich immer sehr amüsiert wenn ich aufgeregt war, wenn ich durch das Autofenster irgendwo eine freilaufende Schafherde mit echten Hirten und Hütehunden gesehen habe oder wir auf der Landstraße einen Pferdekarren überholt haben.

Aber auch wenn man sich in den Dörfern manchmal wie auf einer Zeitreise fühlt, sind die Städte sehr modern und werden immer mehr auch auf Tourismus ausgelegt.

Ich habe in Oradea gelebt, eine Stadt mit ungefähr 250.000 Einwohnern sehr nahe an der Grenze zu Ungarn, weswegen wir auch eine große ungarische Minderheit in der Stadt hatten. Das gesamte Stadtzentrum wurde vor einigen Jahren renoviert und mehrere neue Museen eröffnet und es gibt immer wieder kulturelle Veranstaltungen. Ich habe mich dort sehr wohlgefühlt.

 

Im zweiten Halbjahr meines Austausches habe ich mit Klettern angefangen, was mir richtig viel Spaß gemacht hat. Es gab direkt neben meiner Schule eine kleine Kletterhalle wo ich sofort in eine sehr nette Gemeinschaft aufgenommen wurde. Ich durfte auch einige Male mit nach draußen auf die Felswand, was eine unglaubliche Erfahrung war, die ich sehr genossen habe, auch wenn ich jedes Mal mit Muskelkater und voll mit Mückenstichen nach Hause gekommen bin.

 

„Glaubt mir, dir Mühe lohnt sich!“

 

Wir waren nur drei Austauschschüler von YFU in Rumänien, aber dadurch hatten wir unser Mittelseminar zusammen mit den Austauschschülern in Bulgarien, was sehr cool war, denn so konnten wir uns auch mit Leuten austauschen, die in einem anderen Land ihr Jahr verbracht haben.
Ich habe mich sehr gut mit einer Austauschschülerin aus Thailand verstanden, die in einer anderen Stadt in Rumänien gewohnt hat. Im April hat sie mich für eine Woche in Oradea besucht und ich sie im Mai in ihrer Stadt, was toll war, denn so konnte ich auch viel über ihre Kultur erfahren.

 

Am Ende des Schuljahres hatte ich die Möglichkeit, bei dem Abschlussball der 12. Klasse dabei zu sein. Meine Gastfamilie hatte vor mir schon einen Austauschschüler aus Mexiko, der auch in diesem Zeitraum zu Besuch kam. Die 11. Klasse organisiert jedes Jahr die Abschlusszeremonie in der Schule, wir haben die Klassenzimmer dekoriert und kleine Geschenke organisiert und haben dann symbolisch die Plätze im Klassenzimmer übernommen, dann gab es eine Zeremonie im Theater wo die Abschlusszeugnisse überreicht wurden und abends war dann der Abschlussball. Alle sind in wahnsinnig eleganten Abendkleidern gekommen, es gab, wie immer auf rumänischen Festen, sehr viel und sehr leckeres Essen, auch die Mitternachtstorte durfte natürlich nicht fehlen, und es wurde den ganzen Abend bis in den frühen Morgen hinein getanzt. Ich habe diesen Abend sehr genossen, es war eine tolle Möglichkeit noch ein letztes Mal mit meinen Freunden aus der 12. Klasse Zeit zu verbringen und ich habe einige neue Leute kennengelernt.

 

Ich hoffe, ich konnte einen kleinen Eindruck meines Austauschjahres vermitteln, für mich war es eine sehr prägende Zeit, und auch wenn es natürlich auch schwierige Momente gab, habe ich meine Entscheidung nicht ein einziges Mal bereut. Die Erfahrungen, die ich in Rumänien gemacht habe, werden mich ein Leben lang begleiten und ich hoffe, dass mir von den vielen Freunden, die ich gefunden habe, einige noch für eine lange Zeit erhalten bleiben.

Allen zukünftigen Austauschschülern die dies lesen wünsche ich ein wunderschönes Austauschjahr mit vielen tollen Erfahrungen. Glaubt mir, die Mühe lohnt sich!

 

 

Alina mit Freunden in Rumänien

Alina mit Freunden in Rumänien

Alina mit einer Freundin

Alina mit einer Freundin

Mit Freunden

Mit Freunden

Alina mit ihrer Gastfamilie

Alina mit ihrer Gastfamilie

Alina mit ihrer Familie beim Abflug

Alina mit ihrer Familie beim Abflug