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Japanische Schrift auf Holzschildern

"Tadaima" - ein zweites Zuhause in Fernost

Erfahrungsbericht von Marisa, Austauschjahr in Japan

Ich bin nun schon seit neun Monaten in Japan, habe vor neun Monaten das letzte Mal meine deutsche Familie und Freunde gesehen. Anfangs dachte ich wirklich von Japan, dass hier viele „Otakus“ rumlaufen, sprich Leute die sich intensiv für Manga, Anime und Cosplay interessieren oder dass man zu jeder Mahlzeit Reis isst, doch so ist es meist nicht. Dieses „Natto-Reis-Misosuppen“ Frühstück, welches man immer vor Augen hat wenn man an japanisches Frühstück denkt, kommt nur sehr selten morgens auf den Tisch. Generell lieben Japaner Gerichte aus aller Welt, gehen gerne essen und kochen gerne. Ebenfalls probieren sie viel Neues aus. Ich weiß noch, als ich das erste Mal in meiner neuen Klasse war und es darum ging, wer mit wem an einem Tisch sitzt, um gemeinsam die Bentos (eine Art unterteilte Lunchbox mit Reis, Fleisch, etc.) zu essen. Ich war, wenn ich ehrlich sein soll, total unsicher, fragte mich, wo ich mich wohl hinsetzen könnte, da alle anfingen, die Tische zu verrücken. Ein paar Mädchen haben mich angesprochen, ob ich nicht bei ihnen essen wolle, was mich sehr erleichtert hat. Mit diesen Mädchen esse ich immer noch täglich. Zwei von ihnen sind meine besten Freundinnen geworden sind. Zudem bin ich dem Judo- und Schwimmteam beigetreten.

 

Schule und Alltag: untrennbar verwoben

Außerdem verbringe ich meine Zeit viel im Kunstclub, was auch gewisse Zeit und Aufwand in Anspruch nimmt. Doch dort sind meine Freunde und so können wir gemeinsam Zeit verbringen, mit den Dingen die uns Spaß machen. Ich habe ein sehr enges Verhältnis zu meinem Judoteam aufgebaut (wir sind 8 Personen). Sie ist wie eine „Familie“ für mich geworden, einfach weil wir beinahe jeden Tag mehrere Stunden zusammen sind, zusammen lachen, Spaß haben oder Dinge unternehmen. Als mein Senpai mir sagte: „Wir sind eine Familie, du bist jetzt ein Teil von ihr“, war ich wahnsinnig glücklich. Es mag seltsam klingen, aber es ist wirklich so, dass wir alle offen miteinander reden und uns nichts verschweigen. Ebenfalls sind wir wohl der einzige (und der kleinste) Club, der anstatt „Shitsureishimasu“ (was so viel bedeutet wie  „Entschuldigung“ wenn man einen Raum betritt) „Tadaima“ sagt, was so viel bedeutet wie „Ich bin Zuhause“. In meinen Clubs, in meiner Klasse, habe ich wohl Freunde fürs Leben gefunden. Ich habe mit meiner Klasse wirklich sehr viel Spaß, jeder ist offen und hilft wo er kann. Ich werde momentan richtig wehmütig, wenn ich daran denke, dass ich bald nach Deutschland zurück muss. Ich muss mein Zuhause verlassen, um nach Hause zurück zu kehren.

 

Erinnerungen fürs Leben

Ich lebe hier in Ogaki-chi, nahe Nagoya, zusammen mit meinen Eltern und meinem Bruder; meine Schwester ist im Sommer nach Deutschland aufgebrochen, um dort ihr Auslandsjahr zu machen. Meine Eltern sind beide Lehrer, weshalb sie nur sehr wenig Zeit haben, aber wenn sie (meist) sonntags zu Hause sind, unternehmen wir etwas, zum Beispiel gehen wir in Tempel oder gehen essen. Ich  genieße die Zeit mit meiner Familie wirklich, denn ich habe sie sehr lieb gewonnen. Wir waren an Orten wie Nagoya, Gifu, Tokyo, Hiroshima und Osaka. Jedes Mal habe ich Japan besser kennengelernt, in jedem Augenblick habe ich mich ein Stück mehr in dieses Land verliebt.

 

 Es war kurz vor den Sommerferien, eine Art „Großputz“ stand an. Alle Schüler hatten Putzaufgaben bekommen, ich war zusammen mit vier anderen aus meiner Klasse dran, den Klassenboden mit einer Art Tuch zu wischen. Mit unseren Händen. Ich weiß nicht, was lustiger war: die Tatsache, dass ich zur Belustigung aller furchtbar langsam war (es war mein erstes Mal, dass ich den Boden mit einem Lappen reinige) oder die Leute, die schon fertig waren und angefeuert haben. Dieser Tag bleibt mir wohl für immer in Erinnerung.

 

Angepasst – und angekommen

Ich bin nach Japan geflogen, weil es mein Traum war, die Sprache zu lernen, doch habe ich nicht nur das hier gelernt, ich habe fürs Leben gelernt, Freundschaften geschlossen, eine neue Familie gefunden, dafür bin ich sehr dankbar. Ich bin mir sicher, dies ist das schönste Jahr meines Lebens  und ich genieße jeden Augenblick, den ich hier sein darf. Ich kann gar nicht in Worte fassen, wieviel mir das bedeutet und wie glücklich ich bin. In Japan konnte ich sehr viel nachdenken, über Deutschland, meine Freunde, aber auch über mich und mein Leben, deshalb will ich mein Bestes geben, um später in Japan arbeiten zu können, mehr von dem Land und deren Kultur kennenlernen zu können. Ich habe angefangen K-pop (Pop-Musik aus Korea) zuhören und Sachen wie „One Direction“, damit ich mitreden kann, wenn meine Freunde darüber sprechen. Beinahe jeder ist ein Fan von K-pop. Vor meinem Austausch habe ich nie sowas gehört, aber ich muss zugeben, dass Bands wie „Shinee“ oder „Girls Generation“ gar nicht so schlecht sind. Ich habe das Gefühl, dass hier mein Zuhause ist, denn hier ist der Ort, wo ich mich extrem wohl fühle. Natürlich vermisse ich meine Familie und Freunde in Deutschland, aber ich weiss, dass der Abschied hier, wenn ich heimkehre, sehr emotional sein wird. Ich werde das hier alles wirklich sehr vermissen. Natürlich gab  es auch unangenehme Seiten in dem Jahr, zum Beispiel das Lernen für die Vielzahl an Tests, die wir schreiben, oder das Donnerwetter meines Lehrers, doch blicke ich auf all das sehr positiv zurück. Ich werde die letzten Monate, die mir hier noch bleiben, sehr genießen und freue mich auf neue Erlebnisse und Eindrücke, die ich hier noch kennenlernen darf.