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Austauschschülerin mit Freundin vor Landschaft in Ecuador

Ein Jahr zwischen Palmen und Alpakas

Erfahrungsbericht von Anna-Maria, Austauschjahr in Ecuador

Wie fasst man ein so spannendes, ereignisreiches, aufregendes und besonderes Erlebnis wie ein Austauschjahr am besten in einem kurzen Text zusammen?

 

3, 2, 1 – Go!!

Plötzlich sitzt man im Flieger, schwebt durch die Wolken in einen Traum, den man sich seit vielen Monaten ausgemalt hat, der täglich realer wurde ... und dann doch ganz anders ist. Der Start ins Austauschjahr ist eine unglaublich spannende Phase. Man betritt ein Land, in dem man vorher noch nie gewesen ist, das man nur aus Büchern, Bildern und dem Internet kennt und welches nun für ein Jahr zu einem neuen Zuhause werden soll. Ohne Kenntnisse der Landessprache heißt es nun, auf engstem Raum mit Menschen zusammen zu leben, die man überhaupt nicht kennt, deren Leben ganz anders ist als alles, was man aus der Heimat gewohnt ist. Das ist manchmal schwierig – und trotzdem wunderbar!

 

Ecuador – ama la vida! (Liebe das Leben)

Das kleine Land in den Anden, Ecuador, hat es geschafft, mich komplett zu verzaubern. Die Menschen hier lieben das Leben und das merke ich jeden Tag aufs Neue. Nicht umsonst sind die „Latinos" auf der ganzen Welt für ihr Temperament bekannt. Sofort wird man in Gespräche verwickelt, bei Sprachproblemen wird mit Händen und Füßen, dem Wörterbuch und sehr viel Geduld geholfen und jeder interessiert sich für dich und dein Land. Man fühlt sich wahnsinnig willkommen und es dauert nicht lange, bis man eingeladen wird, doch mit in die Stadt oder ins Kino zu kommen. Gleichzeitig sind die Ecuadorianer auch sehr stolz auf ihr schönes Land. „Und, wie gefällt dir Ecuador, es ist schön hier, oder?", „Schmeckt dir unser Essen, was hast du denn schon probiert?", „Bist du schon ein bisschen herumgereist, was gefällt dir denn am Besten hier?". Diese und andere Fragen gehören zu den häufigsten, die mir gestellt wurden. Man merkt, wie gern die Menschen in ihrem Land leben, dass sie stolz auf ihre Kultur, die Natur und ihr Ecuador sind und oft wirken sie auf mich einfach zufrieden.

 

Fiestas en Ecuador (Feste und Feiertage)

Davon gibt es natürlich einige. Allgemein sind ecuadorianische Feste meist ein großer Spaß, es wird jede Menge getanzt, die Musik hört niemals auf und die Hüften werden geschwungen. Es ist ein Klischee, aber es scheint zu stimmen, dass einfach alle Latinos tanzen können. Für jeden, der sich mit der gängigen Musik anfreunden kann, ist das Ganze eine tolle Erfahrung. Merengue, Salsa, Reggaeton, Cumbia und Bachata haben es mir sehr angetan und ein bisschen beneide ich die Latinos ja schon um ihre Musik.

 

Spannend war für mich der Silvesterabend, an dem die Ecuadorianer den „año viejo" verbrennen, eine riesige Puppe aus Pappmaschee, die symbolisch für das alte Jahr steht. Auch meine Familie verbrannte einen viejo um Mitternacht, vielleicht hat es ja Glück gebracht, denn nach Beginn des Neuen Jahres lief es für mich deutlich besser.

 

Wer möchte nicht mal mit dem ganzen Gesicht in eine Torte gedrückt werden? Genau das ist nämlich hier eine Geburtstags-Tradition, die natürlich auch die arme, unwissende Austauschschülerin unbedingt erleben musste. Das dachte sich wohl mein Gastbruder, als er mir zu meinem Geburtstag eine ziemliche Überraschung damit bescherte. Eine weitere Tradition sind Geburtstags-Schläge mit dem Gürtel auf den Hintern; und zwar so viele Schläge, wie man Jahre alt wird. Da ist der Spaß garantiert.

 

Ein besonderes Fest ist auch der Karneval. Dieser wird im ganzen Land zelebriert und ist ein einziges Farben- und Wasserspiel. Auf die Straße sollte man nur gehen, wenn man darauf eingestellt ist, mit jeder Menge Farbe, Schaum, Wasser und Ähnlichem beworfen zu werden. Selbst in den Bergregionen, in denen es deutlich kälter ist als an der heißen Küste, lässt man sich diesen Spaß nicht nehmen.

 

All you need is Ecuador – Todo lo que necesitas es Ecuador

So heißt eine neue Tourismuskampagne und sie bezieht sich auf die riesige Biodiversität des Landes. Denn Ecuador bietet so einiges!

 

Ich habe mein Jahr an der Küste des Landes verbracht. Die Küste ist unter anderem bekannt für Traumstrände, Palmen, Sonne pur, die süßesten Früchte, blaues Meer und ein tolles Urlaubsflair. Doch nur wenige Stunden mit dem Auto und man befindet sich in der „sierra", der Bergregion des Landes, die sich von der Küste des Landes sehr unterscheidet. Geprägt ist sie vor allem durch die wunderschöne Berglandschaft, teilweise bis über 5000m hoch. Man sieht sehr viele Menschen in traditioneller, indigener Kleidung, die Leute sind kleiner, ihr Spanisch ist wesentlich deutlicher als das der Küste und es scheint manchmal, als seien Küste und Berge zwei verschiedene Länder. Weiter östlich liegt der Dschungel, der wirklich genau so ist, wie man sich den Regenwald eben vorstellt und als vierte Region zählen die Galapagosinseln.

 

Diese unglaubliche Vielfalt macht für mich den Reiz des Landes aus. Glücklicherweise konnte ich auf einigen Reisen den größten Teil des Landes kennenlernen und jedes Mal aufs Neue bin ich aus dem Staunen nicht mehr heraus gekommen. Me quedé sin palabras ... ich war sprachlos.

 

Que viva mi bello Ecuador! (Es lebe mein schönes Ecuador!)

Was soll ich sagen, wie bereits am Anfang stelle ich mir die Frage: Wie fasst man ein so unglaubliches Erlebnis in Worte?
Ich freue mich in jedem Moment darüber, dass ich so etwas Außergewöhnliches erlebt habe und bin dankbar für alles, was ich lernen und begreifen durfte. Meiner Meinung nach war und ist ein Austauschjahr ein ständiger Lernprozess, vom ersten Tag an bis zum letzten (und wohl auch darüber hinaus), in welchem man eine ganze Menge lernt. Nicht nur über ein anderes Land, eine andere Kultur und Sprache, sondern ganz besonders über sich selbst, seine eigene Kultur und das, was zu einem gehört, obwohl man es gar nicht immer merkt. Man betrachtet nicht nur die Welt aus einem anderen Winkel, sondern vor allem auch sich selbst. Manche Dinge werden plötzlich so unwichtig und andere schätzt man mehr als jemals zuvor.

 

Nun sitze ich hier und frage mich: Werde ich jemals zurückkehren? Mein Gastvater jedenfalls versprach mir, dass das Zimmer, in dem ich gewohnt habe, immer frei sein wird für den Tag, an dem ich zurückkomme...

Te extrañare mi querido Ecuador!

Anna-Maria mit ihrer Gastfamilie

Anna-Maria mit ihrer Gastfamilie

Anna-Maria am Stand entlang der ecuadorianischen Küste

Anna-Maria am Stand entlang der ecuadorianischen Küste

Anna-Maria mit einer Freundin

Anna-Maria mit einer Freundin

Anna-Maria mit Freunden

Anna-Maria mit Freunden