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Ausflug mit kanadischer Gastfamilie

Elche, Ahornsirup und Eishockey

Erfahrungsbericht von Sarah, Austauschjahr in Kanada

Hallo, ich bin Sarah und ich habe im Jahr 2022 meinen fünfmonatigen Austausch in New Brunswick, Kanada gemacht. Mit einem Koffer und einem großen Rucksack ging es für mich letztes Jahr im September auf meinem ersten Langstreckenflug in das ländliche Dorf Hatfield Point. Mein Wissen über Kanada: ziemlich klein. Umso größer war meine Vorfreude auf diese neue Erfahrung und was mir in den nächsten Monaten bevorstehen würde. Als ich fünf Monate später mit zwei riesigen Koffern und zwei weiteren Kisten voller Winterpullovern zurückflog, wusste ich vor allem eins über Kanada: Es war mein Zuhause geworden.

 

Elche, Ahornsirup und Icehockey – Typisch Kanada


Eine der vielen Erfahrungen, die man als Austauschschüler macht, ist der Moment, wenn man in seinem Austauschland ankommt und merkt, dass viele der Vorstellungen, die man vor der Ankunft hatte, gar nicht stimmen. Ähnlich ging es auch mir als ich feststellen musste, dass es in Kanada, entgegen meiner festen Überzeugung, im Sommer ähnliche Temperaturen erreicht wie hier in Deutschland. Eine meiner Freundinnen hatte mir zum Abschied ein „Kanada Reise Journal“ geschenkt mit Aufgaben und Aktivitäten für die Zeit meines Aufenthalts. So stand auf einer der Seiten zum Beispiel „Mache ein Selfie mit einem Elch.“ Zu meinem Bedauern (und Erleichterung meiner Eltern) habe ich während meines gesamten Aufenthaltes weder Elche noch Bären oder Wölfe gesehen, sodass das Selfie leider ins Wasser fallen musste. Jedoch hat sich herausgestellt, dass fast genauso viele dieser Klischees tatsächlich wahr sind. Eines der Klischees, welches gerade in Filmen und Serien oft erwähnt wird, ist zum Beispiel, dass alle Kanadier nett seien. Das würde ich genau so unterschreiben. Es war fast wie ein Kulturschock mitzubekommen, wie oft sich Kanadier aus reiner Freundlichkeit entschuldigen, wie nett die Autofahrer sind und wie offen man fast ausnahmslos empfangen wird. Ebenso waren auch der typisch kanadische Ahornsirup, der Nationalsport Hockey und die kalten Temperaturen im Winter (-40 C) genau wie ich sie mir vorgestellt hatte. Eine der größten Überraschungen war für mich persönlich aber, welche enorme Größe das Land Kanada hat und wie gering im Vergleich dazu die Bevölkerung ist. Während ich in Deutschland innerhalb von vier Stunden in ein anderes Land komme, brauchte ich in New Brunswick 45 Minuten bis zum nächsten Supermarkt und ca. sechzehn Stunden bis in die nächste Provinz („Bundesland“). Meine Gastmutter sagte dazu einmal passend: „Du folgst immer weiter dieser Straße nach Norden und wenn du glaubst, dass da nichts mehr kommt, dann bist du fast da.“


“A Canadian Life”


Der große Moment. Ich steige aus dem Flugzeug aus, warte am Gepäckband und schaue mich nervös nach meiner Gastmutter um. Wie wird sie aussehen? Was, wenn ich mich nicht gut mit ihr verstehe? Oder was ist, wenn ich gar nicht verstehen kann was sie sagt? All diese Fragen schwirren in meinem Kopf herum, bevor ich ein paar Sekunden später herzlich von meiner Gastmutter empfangen werde. Schnell stellte sich heraus, dass alle meine Sorgen unbegründet waren. Wir haben uns super verstanden und auf der Rückfahrt zu meinem neuen Zuhause lernten wir uns schnell kennen. Auch mit meinem Gastvater und meinem gleichaltrigen Gastbruder, ein Austauschschüler aus Spanien, kam ich sehr gut klar und wir wuchsen schnell zu einer kleinen Familie zusammen. Gemeinsam erkundeten wir die Umgebung, unternahmen Wochend-Trips und probierten natürlich kanadische Klassiker wie „Poutine“ (Pommes mit Käse und Bratensoße) oder Fudge. Abends haben wir oft zusammen einen Film geschaut oder zusammen UNO gespielt. Mein Gastbruder ist während dieser Zeit einer meiner besten Freunde geworden, auf den ich immer zählen konnte. Das besondere an unsere Unterkunft war außerdem, dass das Haus unserer Gasteltern gleichzeitig ein „Bed and Breakfast“ ist. Obwohl ich zuerst skeptisch war, hat sich das als eine der spannendsten Erfahrungen entpuppt, denn ich hatte einige Male die Chance die Gäste kennenzulernen. Ich habe dadurch unglaublich faszinierende Menschen getroffen, die alle aus den verschiedensten Gründen in Hatfield Point waren. Eine der interessantesten Begegnungen war mit einem deutschen Radfahrer, der die vergangenen Monate durch Europa gefahren war und jetzt seine Tour in Nordamerika fortsetzte.


Meine Schule, die „Belleisle Regional Highschool“, war mit ca. 200 Schülern bedeutend kleiner als meine vorherige Schule. Das hat einerseits dazu geführt, dass schnell ein Gefühl von Gemeinschaft und Zugehörigkeit aufkam, aber auch, dass jeder mich sofort als die „neue Austauschschülerin“ kannte. Die meisten meiner Mitschüler waren jedoch sehr offen und interessiert und haben mich in ihre Freundesgruppen aufgenommen. Zusätzlich habe ich von September bis November auch im Fußballteam meiner Schule gespielt, wodurch ich automatisch viele Leute kennengelernt habe. Einige ehemalige Austauschschüler hatten mir den Rat gegeben an Veranstaltungen dieser Art teilzunehmen oder sich in Sportvereinen zu engagieren und auch ich würde diesen Rat allen zukünftigen Austauschschülern geben – es lohnt sich. Generell ist mir schnell aufgefallen, wie anders die kanadische Schule im Vergleich zu meiner Deutschen ist. Jeden Morgen wird die Nationalhymne im Stehen gesungen, während auf die kanadische Flagge geschaut wird, die in jedem Klassenraum hängt. Ansonsten ist der Schulalltag deutlich entspannter. Es gibt keinen „Dresscode“, die meisten Schüler kommen in legerer Kleidung wie Jogginghosen und auch das Verhältnis zu den Lehrern ist enger und vertrauter. Als Unterrichtsfächer gab es unter anderem Tourismus und Gastfreundschaft, Kochen, sowie Psychologie. Mein persönliches Highlight des Schulalltages war sowohl die Fahrt mit dem Schulbus als auch die Motto-Wochen, die von meiner Schule veranstaltet wurden. Das besondere an den Fahrten zur Schule war, dass alle Schüler in der Umgebung jeden Morgen von dem gleichen Busfahrer oder Busfahrerin in dem typischen gelben Schulbus abgeholt wurden. Dabei ist es ganz normal, dass sich alle Kinder aus dem Bus kennen und auch die Busfahrer alle Kinder beim Namen und manchmal sogar ihre Familien kennen. Zu den Motto-Wochen, die während des ganzen Schuljahres stattfanden, gehörten beispielweise ein Kürbisschnitz-Wettbewerb oder auch ein Tag an dem alle Schüler ihren Schlafanzug oder einen hässlichen Weihnachtspullover zur Schule anziehen. Am Anfang des Schuljahres wurde dazu jeder Schüler einem Team zugeteilt, für welches man im Laufe des Schuljahres Punkte sammeln konnte. Zum Ende des Schuljahres gab es dann ein riesiges Schulfest, wo schlussendlich (wie in Hogwarts) die Punkte bekannt gegeben und Preise verteilt wurden. Insgesamt wird dadurch die Schulgemeinschaft ungemein gestärkt und es fühlt sich fast so an, als hatte man eine zweite, kleine (große) Familie.


Freunde fürs Leben


Abschließend möchte ich (noch einmal) sagen was für eine einmalige Erfahrung ein Austausch ist. Ich habe auch nach dem Ende meines Austausches mit meinen Freunden aus Kanada Kontakt gehalten und trotz knapp 5.000 km Entfernung weiß ich, dass sie immer für mich da sind. Auch mit anderen Austauschschülern, die ich vor und während meines Austausches getroffen habe, habe ich bis heute Kontakt und so haben sich echte Freundschaften entwickelt. Wenn du gerade darüber nachdenkst einen Austausch (vielleicht ja sogar in Kanada) zu machen kann ich dir nur sagen: Go for it.


xx,
Sarah

Aussicht über Toronto

Aussicht über Toronto

Ausflug zum Whale Watching

Ausflug zum Whale Watching

Sarah und Sakura beim Eishockey Spiel

Sarah und Sakura beim Eishockey Spiel

Sarahs Fußballteam

Sarahs Fußballteam

Toronto

Toronto