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Austauschschülerin mit ihrer japanischen Gastoma

Obento, Schuluniform und neue Freunde

Erfahrungsbericht von Alina, Austauschjahr in Japan

Ich habe 10 Monate in Japan gelebt – obwohl ich diesen Satz immer öfter vor mir her sage, glauben kann ich es immer noch nicht richtig. So schnell ist die Zeit vergangen. So oft bin ich schon aufgestanden, habe meine Bento-Box eingesteckt und auf dem Schulweg ein Nickerchen im Bus gemacht. Dieser Alltag war bereits so normal für mich, dass ich mich öfters fragte, warum man mich so ansah, wenn ich beispielsweise in Schuluniform unterwegs war. Bis mir wieder einfiel, dass ich doch nicht von hier bin.

 

Aber zurück zum Anfang. Als ich mich bewarb, dachte ich, dass ich in einer großen Stadt wie Tokyo oder Osaka leben würde. Dies bewahrheitete sich jedoch nicht – im Gegenteil, ich lebte in einem Dorf, in dem es mehr Reisfelder als Häuser gibt. Das hatte jedoch keinerlei Einfluss auf die Erfahrungen, die ich während meiner Zeit in Japan machen durfte. Denn nicht die Stadt, in der man lebt, beeinflusst den Verlauf des Jahres, sondern die Menschen, die man trifft. Im Dorf kannte mich jeder und über meine Ankunft wurde in der eigenen Dorfzeitung ausführlich berichtet. Außerdem hatte ich die Gelegenheit, auf den alljährlichen Veranstaltungen wie zum Beispiel dem Sportfest oder dem Sommerfest mit allen möglichen Leuten in Kontakt zu kommen und den Ort, in dem ich wohnte, besser kennenzulernen. Ich habe auch ganz neue Seiten an mir entdeckt: Zum Beispiel als ich auf dem Sommerfest einen traditionellen Tanz mitgetanzt habe, wofür ich in Deutschland viel zu schüchtern gewesen wäre.

 

Japanische Schulen sind bekanntlich strenger als deutsche. So ist es üblich, dass das Tragen einer Schuluniform Pflicht ist und dass man Lehrer grundsätzlich mit einer Verbeugung begrüßt. Nichtsdestotrotz ist der Zusammenhalt zwischen den Schülern stark – was sich zum Beispiel beim Sportfest zeigt, wo man sich gegenseitig anfeuert und für das eigene Team sogar Lieder geschrieben werden. Eine weitere Sache, welche mir am Anfang fremd war, ist das Putzen des Klassenraums nach Schulschluss. Jeder packt mit an, denn es gibt keine Hausmeister oder ähnliches, welche die Schule sauber halten. Dafür sind die Schüler ganz alleine verantwortlich. Jedoch geht kaum jemand nach Hause, sobald die Schule vorüber ist – die Teilnahme an Schulclubs ist hier üblich. Dabei kann jeder seinem individuellen Hobby nachgehen: Ob Fußball, Theater oder traditionelle Teezeremonie – für jeden ist etwas dabei. Auch ich bin einem Schulclub beigetreten und zwar einem, bei dem ich mich in Deutschland nie getraut hätte auch nur einmal vorbeizuschauen. Bereits in Deutschland hatte ich mich zwar für Kendo – japanischen Schwerkampf - interessiert, jedoch hätte ich mir nie zugetraut es einmal selbst auszuüben. Denn unter anderem schreit man sich dabei mit lauten Kampfschreien an, was mir extrem befremdlich war. Dass es an meiner Schule einen Kendo-Club gab, war die Gelegenheit für mich, etwas Neues auszuprobieren. Und so traf ich eine Entscheidung, welche mein ganzes Austauschjahr beeinflussen sollte, und trat dem Kendo-Club bei.

 

Ich weiß nicht, wie viele glückliche Momente ich im Dojo verbracht habe, wie viele Erfahrungen ich gemacht habe, oder wie viele Lektionen ich gelernt habe – es sind einfach zu viele. Auch wenn ich für das tägliche Training am Wochenende um 6 Uhr aufstehen musste und kaum Zeit dafür hatte, mich mit Freunden zu verabreden - ich wüsste nicht, wie ich meine Zeit hätte besser ausnutzen können. Ich weiß auch nicht, was passiert wäre, wenn ich nicht täglich Sport gemacht hätte, denn durch das viele leckere Essen hätte ich garantiert zugenommen!

 

Obwohl traditionelle japanische Gerichte sehr gesund sind, essen Japaner auch gerne mal ausländische Gerichte. So aß man beim gemeinsamen Karaoke beispielsweise gerne mal Pommes. Am liebsten jedoch mag ich „Yakisoba": gebratene Nudeln mit Gemüse und Fleisch. Oder auch „Yakiniku“, bei dem man verschiedene Fleischsorten auf dem Tisch brät. Dafür gibt es in vielen Restaurants einen in den Tisch integrierten Spezialgrill. Und wenn man nicht gerade Essen oder beim Karaoke war, ging es oft zu sogenannten „Purikura"-Fotoautomaten. Dort konnte man süße Bilder machen und diese danach verzieren. Auch ich habe immer noch sehr viele „Purikura"-Bildchen in meinem Portemonnaie.

 

Bevor ich nach Japan geflogen bin, sprach ich kaum Japanisch. Am Anfang lief die Kommunikation zwar mit Händen und Füßen, jedoch hatte ich nach ein paar Monaten kein Problem damit, mich auf Japanisch zu unterhalten. Gerade bei meiner Abschiedsrede habe ich gemerkt, wie sehr sich mein Japanisch verbessert hat. Ich bekam sogar von allen meinen Freunden Abschiedsbriefe oder selbstgemachte Alben geschenkt. Als ich diese dann im Flugzeug las, merkte ich, dass mein Austauschjahr schneller vorrübergegangen war, als ich gedacht hatte. In Deutschland hatte ich immer darüber nachgedacht, wie es wohl sein würde, mich von meinen Freunden und meiner Familie in Deutschland zu verabschieden. Über den Abschied in Japan habe ich allerdings nicht nachgedacht. Ich versicherte meiner Gastfamilie und meinen Freunden, dass ich mit ihnen in Kontakt bleiben werde. Und vielleicht ergibt sich irgendwann einmal die Gelegenheit, in meine zweite Heimat zurückzukehren.

Alina mit ihrer Gastoma

Alina mit ihrer Gastoma

Alina mit ihrer Schuklasse

Alina mit ihrer Schuklasse

Alina mit dem Kendo-Club

Alina mit dem Kendo-Club