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Austauschschülerin mit ihrer ungarischen Gastfamilie

Wundervolle Zeit in Ungarn

Erfahrungsbericht von Carola, Austauschjahr in Ungarn

Ich habe in einem Vorort der ungarischen Hauptstadt Budapest gewohnt und das „Weiner Leó Zeneiskola és Zeneművészeti Szakközépiskola" besucht, eine Musikschule mit ca. 80 Schülern. Da ich mich sehr für Musik interessiere und zwei Instrumente spiele, habe ich mich bei YFU beim Musikprogramm beworben und bin an diese Schule gekommen. Dort hatte ich Fächer wie Musiktheorie, Harmonielehre, Musikgeschichte und Klavier und lernte im musikalischen Bereich total viel und habe mich an der Schule total wohl gefühlt. Ich habe viele noch immer sehr gute Freunde gefunden, und die ganze Gemeinschaft als große Familie empfunden. Ich habe viel mit ihnen gelernt, gelacht und geredet, was man mit den Ungarn besonders gut kann, denn sie erzählen gern über sich selbst und sind total offen. Ab und zu waren wir zusammen abends weg oder zwischen dem ganzen Schulstress tagsüber ein bisschen spazieren.

 

„Egyél még" – Essen auf Ungarisch

Gewohnt habe ich bei einer sehr netten (und sehr lebendigen) Familie. Ich hatte drei kleinere Geschwister, die ich total ins Herz geschlossen habe. Leider konnte ich unter der Woche nicht viel Zeit mit meiner Familie verbringen, weil ich bis abends in der Schule war und entweder geübt habe oder Orchester hatte. Aber am Wochenende war ich zu Hause. Dann waren wir entweder an der frischen Luft, bei Freunden, in Budapest und oft am Balaton, dem Plattensee.
Samstags aßen wir meistens bei der Großmutter zu Mittag. Dann kam die ganze Großfamilie zusammen und hat gegessen, geredet, sich sehr lebendig ausgetauscht und gegessen. Zum ungarischen Mittagessen am Wochenende gehört Pálinka, der bekannte ungarische Schnaps, Suppe, Fleisch mit Beilage als Hauptspeise und Kuchen zum Dessert. Meistens waren wir so satt, dass wir abends gar nichts mehr gegessen haben. Nachmittags am Wochenende, wenn wir zu Hause waren, mussten meine Geschwister für die Schule lernen und ich habe dann entweder geübt oder mich ausgeruht.

 

Ein kleiner Tipp am Rande: Die Ungarn sehen es unwahrscheinlich gerne, wenn ein Gast gerne isst. Und wenn man schon mal isst, ist es schwierig, das Essen abzulehnen. „Egyél még" heißt auf Deutsch „Iss mehr", man kann sich aber ganz einfach mit einem „Nem, köszönöm, jóllaktam." („Nein, danke, ich bin satt.") für das Essen bedanken.

 

So feiern die Ungarn

Am besten habe ich mich in der Zeit um Weihachten gefühlt. Da habe ich zum ersten Mal gemerkt, wie ich mich schon in die Familie eingelebt hatte. In den Ferien haben wir ganz oft zusammen Activity gespielt, das Spiel, bei dem man Begriffe mit Erklären, Zeichnen, Pantomime erraten muss. Das hat mir viel dabei geholfen, die Sprache zu lernen und ohne mein kleines Taschenwörterbuch auszukommen. Die Zeit ging viel zu schnell vorbei. Bald waren dann schon mein 16. Geburtstag im Frühling, Ferien und Ostern.

 

Überhaupt laufen in Ungarn Feiertage anders ab als in Deutschland. Man zieht sich sehr festlich an, d.h. schwarzer Rock/Hose und weiße Bluse/Hemd und immer wird die Nationalhymne gesungen, was für dich bestimmt (wie für mich) erst ungewohnt sein wird. Auch am ersten Schultag und an Ostern in der Kirche singen wir die Hymne, und das waren die Momente, in denen mir aufgefallen ist, dass ich die deutsche Nationalhymne gar nicht auswendig kann. Und dass das eigentlich eine traurige Sache ist, weil wir auch mal stolz auf unser Land sein könnten.

 

Jedenfalls gibt es eine Menge Dinge, die die Deutschen sich ruhig von den Ungarn abschauen könnten. Erstens den Stolz auf das Land, und zweitens noch etwas Wichtiges: Die Ungarn können es total gut zeigen, wenn sie jemanden lieb haben. Hast du schon mal etwas von „Puszi" gehört? So nennt man ungarische Küsschen. Die Ungarn umarmen und geben sich Küsschen, wie man es von keinem anderen Land kennt. Ich finde es schade, dass die Deutschen so etwas nicht können. Man bekommt weder Gute-Nacht-Küsschen, noch Küsschen zur Begrüßung oder zum Abschied und einfach mal so zwischendurch schon gar nicht ... aber diese Gewohnheit werde ich ganz sicher mit nach Deutschland nehmen.

 

Keine Angst vor der Sprache

Vor der Sprache brauchst du übrigens keine Angst zu haben. Auch wenn Ungarisch als eine der schwierigsten Sprachen der Welt gilt, ist es nicht unmöglich, sie zu erlernen. Ich konnte am Anfang meines Auslandsjahres kein einziges Wort Ungarisch, aber mit jedem Tag habe ich neue Wörter, Satzkonstruktionen und Ausdrücke kennengelernt, Fragen sind aufgetaucht und ich habe nachgedacht und Antworten bekommen. Und Spanisch, Englisch und Französisch vergessen ...

 

Ich hoffe, du hast einen kleinen Eindruck bekommen von Ungarn und seinen Menschen, ihren Gewohnheiten und Verhaltensweisen. Aber das war noch längst nicht alles, was ich dort in Erfahrung gebracht habe. Wenn du dich für das Land interessierst, geh auf jeden Fall dorthin, du wirst es nicht bereuen. Denn wenn mich jetzt, am Ende meines Austauschjahres, jemand fragt, ob ich mich schon auf zu Hause freue, ist meine Antwort: „Klar, freue ich mich auf Deutschland, auf meine Familie und Freunde, aber genauso auf meine Besuche in Ungarn."

Carola mit ihrer Gastfamilie

Carola mit ihrer Gastfamilie

Carola mit ihrer Gastschwester

Carola mit ihrer Gastschwester

im Sommer

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